EM 2004: Mückenplage, Völlers Aus und Rehhakles
2004 schied Deutschland wieder früh aus. Und Griechenland machte alles besser.
Düsseldorf. Erschrocken fahre ich hoch. Die Jubelgesänge der Griechen reißen mich im Flugzeug immer wieder aus dem Schlaf. Wir befinden uns gemeinsam mit gröhlenden, weiß und blau kostümierten Menschen südeuropäischer Herkunft auf dem Rückflug von Lissabon nach Düsseldorf.
Gestern ist Griechenland völlig überraschend Fußball-Europameister geworden. Doch weder das Feiern mit ein paar in Essen lebenden Griechen, noch der alptraumhafte Auftritt der deutschen Mannschaft bei dieser Euro 2004 haben mich in vielen Nächten um den Schlaf gebracht.
Während die DFB-Auswahl sieglos schon früh ihr Quartier in einem feinen Club an der Algarve räumen musste, konnte ich dort mit meinen Kollegen in einem gemeinsam gemieteten Ferienhaus bleiben. Leider hatten die unzähligen Mücken die Abfahrt des Teams nicht mitbekommen.
Sonst hätten sie sich wohl lieber auf die Verlierertypen gestürzt, als einen tapferen Journalisten heimzusuchen. Und das passierte immer dann, wenn wir ein spätes Spiel wie etwa den "Knaller" zwischen England gegen Frankreich im Estadio de Luz in Lissabon gesehen hatten. Und danach fuhren wir die zweieinhalb Stunden zurück an die Küste. Der Schlaf stellte sich angesichts der lokalen Insektenplage erst kurz vor Sonnenaufgang ein.
Besonders gut soll Rudi Völler auch ohne Mücken nicht geschlafen haben. Sein Team überzeugte zwar zum EM-Start in Porto. Doch der Freistoßtreffer von Torsten Frings reichte nur zu einem 1:1 gegen Erzfeind Niederlande, weil Ruud van Nistelrooy einen lichten Augenblick noch zum späten Ausgleich nutzte. Nach einem völlig enttäuschenden 0:0 gegen Lettland, als weder Fredi Bobic und Kevin Kuranyi noch Miroslav Klose und Thomas Brdaric ein Tor erzielen konnten, sollte dann Lukas Podolski die Karre aus dem Dreck ziehen.
Gegen die bereits qualifizierten Tschechen, die mit einer B-Auswahl antraten, wurde der Kölner endlich zu seinem zweiten Länderspiel eingewechselt. Doch die deutsche 1:2-Niederlage war der "krönende Abschluss" einer schwachen Vorstellung.
Was eine Mannschaft als geschlossene Einheit vermag, zeigten die Griechen. Nachdem das Team von Trainer "Rehhakles" auch die Franzosen rausgeworfen hatte, wurden sie sogar von Gastgeber Portugal ernst genommen. Allerdings gelang es Felipe Scolari nicht, innerhalb von zwei Jahren Weltmeister mit Brasilien und Europameister mit den Portugiesen zu werden.
Obwohl ein ganzes Land geschlossen hinter Carvalho, Figo und Ronaldo stand, die Fahrt ins Stadion schon der vorweggenommene Triumphzug war und im Fernsehen stundenlang live übertragen wurde, weil der Bus nicht schnell genug durch die Menschenmassen kam. Hinterher gab es dann weniger zu feiern - für die Portugiesen.
Für mich schon, denn ich durfte das Haus mit den aggressiven Mücken und den vielen roten Flecken an den Wänden hinter mir lassen. Ich werde irgendwann wiederkommen in dieses herrliche Land, vielleicht als Begleiter einer besseren deutschen Nationalmannschaft. Aber ganz sicher mit einem funktionierendem Mückenspray.