Nationalmannschaft im idyllischen EM-Quartier angekommen

Die deutsche Mannschaft bezieht ihr Quartier. In Ascona interessiert das aber kaum jemanden.

Ascona. Oliver Bierhoff hat Recht behalten. "Eher ruhig" und "diskreter als in Österreich" gehe es am Lago Maggiore zu, hatte der Nationalmannschafts-Manager gesagt. Als das deutsche EM-Team am Dienstag um 13.20 Uhr vor dem Fünf-Sterne-Hotel "Giardino" ankam, hatten sich neben einer Horde Journalisten exakt 34 Urlauber versammelt. Einer trug ein Nationaltrikot, einer hatte eine Deutschlandfahne mitgebracht. Hans, der Rentner aus Heidenheim, erzählte: "Ich bin meiner Frau zuliebe hergekommen. Sie ist der Fan."

Poldi-Schweini-Hysterie wie bei der Heim-Weltmeisterschaft vor zwei Jahren? Fehlanzeige. Nach vielen Tagen schlechten Wetters schien im Tessin endlich die Sonne von einem blauen Himmel herab. An der Uferpromenade schlenderten die Touristen entlang. In den Eiscafés brummte das Geschäft.

Dass am Rand von Ascona die deutschen EM-Hoffnungsträger ihr Quartier bezogen, interessierte gestern Mittag kaum jemanden. Es gab in dem engen Sträßchen vor dem Hotel "Giardino" auch nicht viel zu sehen. Der Einzug der Helden - über einen roten Teppich hinweg - verlief unspektakulär. Schwuppdiwupp waren die Nationalkicker aus dem Bus gestiegen und in ihrer luxuriöse EM-Herberge verschwunden. Lukas Podolski war vor dem Abflug noch beim Friseur gewesen, so viel konnte man erkennen. Sehr viel mehr aber nicht.

Ein DSF-Kameramann war clever genug, eine lange Stange mitzubringen. Er filmte über die Hecke hinweg. Dem Kollegen vom ZDF blieb nichts anderes übrig, als den Kontrollbildschirm der Konkurrenz abzufilmen.

Muntermacher waren immerhin die Milchbauern, die um bessere Einkünfte kämpfen. Sie hatten die Chance genutzt, auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Seit Dienstagvormittag stehen im zentralen Kreisverkehr von Ascona zwei schwarz-rot-gold angemalte Plastikkühe. Dahinter wird auf einem Transparent Werbung fürs schlecht bezahlte Produkt gemacht: "CH-Milch macht D-Kicker munter." Ob es wirklich so ist?

Am Tag vor der Ankunft des DFB-Trosses stand vor dem "Giardino" ein großer Lastwagen, voll gepackt mit Bier. "Getränke en gros" ist das Geschäft der Theo Rietschi AG - und es gibt keinen Zweifel daran, dass die deutsche Nationalelf nicht scheitern wird, weil ihr vor dem Finale der "Bitburger"-Nachschub ausgeht.

Nach einem knapp einstündigen Flug war die Mannschaft in Lugano gelandet. Per Bus ging es weiter ins 45 Minuten entfernte Quartier am Lago Maggiore. "Unser Paradies", hat Oliver Bierhoff das Fünf-Sterne-Haus genannt. "Es passt hier sehr gut für uns", sagt Angriffs-Joker Oliver Neuville. Eines ist allerdings klar: "Wir sind nicht hier, um Urlaub zu machen." Der Deutsche Fußball Bund hat das Hotel bis zum 28. Juni, dem Tag vor dem EM-Finale in Wien, komplett geblockt. 900 000 Euro soll der Verband sich die Herberge kosten lassen. Ruhe hat eben ihren Preis.