Analyse: So kam die Krise nach Gladbach

Die Abwehr und Torhüter Bailly spielen weit unter Form. Trainer Frontzeck fehlen aber personelle Alternativen.

Mönchengladbach. Die Krise ist da. Gladbachs Trainer Michael Frontzeck zog die Mannschaft gleich nach dem 1:2 gegen den FC St. Pauli zusammen ins Bilderberg Chateau Holtmühle im niederländischen Tegelen - ein komfortables Schloss mit 66 exquisit ausgestatteten Zimmern.

Ein Ort der Ruhe. Zeit, um drei Niederlagen in Folge aufzuarbeiten. "Wir wären auch dahin gefahren, wenn wir gewonnen hätten", sagte Trainer Frontzeck, der nach dem Frühstück eine Radtour angesetzt hatte. 90 Minuten Geheimtraining auf der Anlage des Sportclubs Irene 1907 Tegelen folgten. Alle Tore zum Gelände waren dicht.

Wir beleuchten die Situation im Klub und die Gründe für die Krise.

Michael Frontzeck verspürt Druck - mit jedem nicht gewonnenen Spiel mehr. Morgen geht es zum FC Schalke04. Dort arbeitet mit Felix Magath der Kollege, der wie Frontzeck auch einen Vertrag bis 2013 besitzt. Diese Wertschätzung der Klubführung für den Cheftrainer wollte Frontzeck an die Spieler weitergeben.

Doch die Verzagten boten gegen St. Pauli nach den Pleiten gegen Frankfurt (0:4) und in Stuttgart (0:7) nur ein bisschen Besserung an. Zu wenig. Ihnen zu vertrauen und sie nicht aus der Verantwortung zu lassen, wie Frontzeck sein Festhalten am Personal begründet hatte, ist nur die halbe Wahrheit. Der Trainer hat kaum bundesligaerprobte Alternativen. Darin offenbart sich das gravierendste Problem der Krise.

Dem Kader fehlt es an Qualität und Tiefe. Offensichtlich ist das kollektive Versagen gerade in der Abwehr. 17 Gegentore in fünf Spielen, neun nach Standardsituationen. Man hatte eine Ahnung von einem guten Torhüter in Gladbach. Der hieß Logan Bailly. So heißt er heute immer noch, aber er gibt sein Tor immer öfter preis.

Der wochenlange Ausfall von Abwehrchef Dante verschärft das Problem. Mit Anderson steht nur eine Alternative bereit, Kollege Roel Brouwers lässt auf die letztjährige starke Saison eine mit Pannen und Patzern folgen. Kapitän Filip Daems tritt zumeist mit haarsträubenden Fehlern als Führungsfigur auf. Auf der rechten Seite kämpft Tobias Levels um konstante Form. Jens Wissing, Sebastian Schachten und Jean-Sébastian Jaurès gelten nicht als wirkliche Alternativen - das Trio vereint nur 23Bundesligaeinsätze auf sich.

Gleiches gilt für das Mittelfeld - 30Einsätze in der Bundesliga stehen für Marcel Meeuwis, Roman Neustädter und Tony Jantschke zu Buche. Sie können den Etablierten mit diesem Nachweis die Plätze nicht streitig machen. Die verletzte Offensivkraft Igor de Camargo gilt als Hoffnung auf Besserung. Doch der Zugang hat noch keine einzige Minute in der Liga gespielt. Ein bisschen viel Bürde. Momentan scheint nur in einem Punkt Übereinstimmung zu bestehen: Niemand will Verantwortung übernehmen.

Titel werden in der Abwehr gewonnen. Gut, dafür kommt Borussia nicht in Frage. Aber diese Gladbacher haben ihr Wesen beim 6:3 in Leverkusen offenbart. Borussia mit Marco Reus, Patrick Herrmann und Mohamadou Idrissou ist eine Kontermannschaft. Umso wichtiger wäre eine stabile Defensive. Erst damit ließe sich diese Qualität erfolgreich umsetzen. Weil die Abwehr aber patzt, fehlt dem Spiel Struktur, Klarheit und Entschlossenheit.

Beim 0:4 gegen Frankfurt haderten die Borussen mit Schiedsrichter Jochen Drees, der einem Tor von Idrisssou die Anerkennung verweigerte und dem Stürmer einen Elfmeter verwehrte. Bei der Pleite gegen St. Pauli richten sich die Vorwürfe gegen Schiedsrichter Deniz Aytekin.

"Die falschen Entscheidungen prallen in einer Häufigkeit auf uns, dass ich es nicht mehr verstehen kann", sagte Frontzeck. Sportdirektor Max Eberl klagte, Aytekin habe "keine Traute, auf beiden Seiten die Kann-Elfmeter zu pfeifen". Bei einem unabsichtlichen Handspiel von Fin Bartels zeigte der Schiedsrichter nicht auf den Punkt.

Gestern legte der Klub gegen die Gelb-Rote Karte für Mo Idrissou Einspruch ein - vergeblich. Das DFB-Sportgericht wies den Protest zurück. Frontzeck muss die Mannschaft erneut ändern.