Borussia diesmal ein Stiefkind des Glücks
In der zweiten Hälfte fehlte es aber auch an Klasse und Aggressivität. Herthas Sieg sorgt für lange Gesichter beim VfL. Mit einem Kommentar von Jochen Schmitz.
Mönchengladbach. "Uns hat einfach das nötige Quäntchen Glück gefehlt" - ein Satz, der nach der 0:1-Niederlage der Gladbacher gegen Hertha BSC immer wieder aus dem Borussen-Lager zu hören war.
Sicher, die Partie gegen die "alte Dame" aus Berlin hätte einen anderen Verlauf genommen, wenn Oliver Neuville die Lederkugel nicht zweimal gegen den Pfosten (24./52.) gedroschen hätte. "Dann wäre es für uns sehr eng geworden", bemerkte Berlins Trainer Lucien Favre in seiner Spielanalyse.
Doch die Gladbacher, bei denen Bradley, Voigt und Neuville ihr Saison-Debüt feierten, hatten nicht nur Pech im Abschluss, sondern offenbarten zum wiederholten Male in dieser noch jungen Spielzeit Mängel, die an der "Mission Klassenerhalt" erste Zweifel aufkommen lassen.
So agierte die Borussen-Abwehr, auch geschwächt durch den kurzfristigen Ausfall von "Staubsauger" Patrick Paauwe, nicht nur beim entscheidenden 0:1 durch Gojko Kacar (11.) naiv.
Ein cleverer Pass von Cicero in die Tiefe genügte, um die komplette Gladbacher Hintermannschaft zu düpieren. Und vorne im Sturm? Da bearbeitete Rob Friend in der 30. Minute völlig freistehend vor dem Tor den Ball dermaßen unbeholfen, dass die Berliner im letzten Moment klären konnten.
Neben den beiden Pfostenkrachern von Neuville und einem Distanzschuss von Marin (78.) übrigens die einzige nennenswerte Aktion aus der Abteilung Attacke - bei einem Eckenverhältnis von 12:2. Zu wenig für eine Mannschaft, die mit aller Macht im eigenen Stadion das Glück erzwingen will.
"Uns unterliefen zu viele Fehlpässe, so dass wir die Offensivspieler überhaupt nicht erreichen konnten", versuchte Borussen-Trainer Jos Luhukay nach dem Spiel die Offensiv-Flaute zu erklären.
Somit genügte den Berlinern ein durchschnittlicher, eher uninspirierter Auftritt, um den Gladbachern am fünften Spieltag bereits die zweite Heimpleite beizubringen. Die Pfiffe der VfL-Fans unter den 43.193 Zuschauern im Borussia-Park waren nach dem Abpfiff nicht zu überhören, die berauschende Stimmung aus dem Bremen-Spiel bereits verpufft.
Die Chance, die Fehler schleunigst abzustellen, die den Gladbachern gegen Hertha BSC unterlaufen waren, bietet sich bereits morgen Abend - dann muss die Elf vom Niederrhein im Zweitrundenspiel des DFB-Pokals bei Energie Cottbus ran.
"Wichtig ist, dass wir nach dem Spiel die Köpfe oben behalten und es in Cottbus besser machen", gibt Routinier Alexander Voigt die Marschrichtung für die unangenehme Aufgabe im Stadion der Freundschaft vor. Vielleicht ist ja der Borussia morgen das Glück wohl gesonnen.
Vor dem Spiel gegen die Hertha spielte die Regie im Borussia-Parknoch einmal Movies vom grandiosen Sieg der Borussen gegen Bremen ein,als Jungspund Alex Baumjohann mit seinem Auftritt die Herzen derVfL-Fans im Sturm eroberte. Doch Ruhm vergeht schnell.
Von BaumjohannsTor des Monats spricht niemand mehr. Drei Wochen nach dem 3:2-Triumphgegen das Spitzenteam von der Weser ist Borussia Mönchengladbach vonder Wirklichkeit eingeholt worden: Die Gladbacher befinden sichschneller als vermutet im Souterrain der Bundesliga wieder.
Zwar bemühte sich das Team von Jos Luhukay vor der Pause redlich,aber die endlos lange passive Phase zwischen der 56. und 78. Minute,als die Berliner den Ball seelenruhig rotieren ließen, stimmtebedenklich.
Alles lief im dritten Heimspiel quer: Cheftrainer Jos Luhukayrotiert weiter - noch ohne Fortune in der gewiss guten Absicht, dieMannschaft auf den wöchentlichen Bundesliga-Alltag optimaleinzustellen. Bei Oliver Neuville kam Pech im Abschluss hinzu, bei RobFriend Versagensangst im Duell Stürmer kontra Torwart - und auchWirbelwind Marko Marins individuellen Künste verpufften ein ums andereMal.
"Gut, dass wir heute schon wieder auf Achse sind", sagte AlexanderVoigt nach seinem ersten Pflichtspieleinsatz 2008/ 2009: Der Pokal-Tripin die Lausitz kommt den Borussen gerade recht - Chance zurWiedergutmachung nach den ersten herben Enttäuschungen in der nochjungen Spielzeit.
Borussen-Trainer Jos Luhukay: "Das Spiel ist sehr unglücklich für uns gelaufen. Wir haben zu viele Fehler im Passspiel gehabt, zu wenig Ballsicherheit ausgestrahlt. Der Ausfall von Paauwe hat uns sehr getroffen. Meine Mannschaft ist in vielen Situationen noch unerfahren, das hat man heute wieder gesehen."
Alexander Voigt: "Eine bittere Niederlage für uns. Ich denke, Hertha ist ein Gegner, den man in unserer Situation eigentlich zu Hause schlagen muss." Filip Daems: "Was für ein unglückliches Gegentor. Hertha hat uns eiskalt bestraft.
Gegen eine solche Mannschaft ist es sehr schwer zu spielen, wenn man einmal zurückliegt. Dass wir am Dienstag im Pokal sofort wieder antreten müssen, ist das Beste, was uns passieren kann. So haben wir schnell die Gelegenheit, die Pleite wieder gut zu machen."
Christofer Heimeroth: "Wir haben in der ersten Hälfte ein ganz ordentliches Spiel hingelegt. Bis auf zwei, drei Aktionen standen wir sehr sicher. In der Offensive hatten wir durchaus Chancen, uns hat allerdings ein wenig das Glück gefehlt, wie beim Pfostenschuss von Olli Neuville. Leider ist es uns nicht gelungen, den Druck, den wir nach dem Wechsel erzeugen wollten, aufzubauen."
Michael Bradley: "Für uns war sicherlich mehr drin. Ich war in meinem ersten Spiel nicht besonders nervös, meine Mannschaftskollegen haben mir geholfen. Dass ich erst so kurz vor dem Anpfiff erfahren habe, dass ich spielen soll, hat mir nichts ausgemacht."