Borussias englische Freunde
FC Liverpool: Der Verein spielt heute gegen den AC Mailand. Vor drei Jahrzehnten ging es gegen die Fohlen.
Mönchengladbach. Da steht er nun mitten auf dem Rasen des schon gut gefüllten Borussia-Parks: Graham Agg, in seinem roten Liverpool-Trikot und dem Mikrofon in der Hand. Agg ist Teil der 25-köpfigen Fan-Delegation der "Reds", die der Einladung des Gladbacher Fanprojekts gefolgt ist, das vorerst letzte Bundesligaspiel Borussias gegen den VfL Bochum am Samstag zu besuchen. "50000 Zuschauer bei einer bereits abgestiegenen Mannschaft, das ist unfassbar", sagt ein sichtlich bewegter Agg, der ein paar Sätze zur Freundschaft beider Vereine ins Rund spricht.
Für den FC Liverpool hegen die Borussen seit 30 Jahren Sympathien. Angefangen hat alles am 25. Mai 1977: Borussia stand das einzige Mal in der Vereinsgeschichte im Finale des Europapokals der Landesmeister, traf in Rom auf den FC. Die Art und Weise, wie die stimmgewaltigen Briten ihre Mannschaft unterstützten und so zum 3:1-Sieg brüllten, beeindruckte viele Gladbacher Fans. Eine andere Dimension bekam die Sympathie nach der Katastrophe im Sheffielder Hillsborough-Stadion 1989, als nach einer Massenpanik 96 Liverpool-Fans ums Leben kamen. Borussias Fans solidarisierten sich, sammelten für die Hinterbliebenen und übergaben das Geld persönlich in Liverpool.
Seitdem fahren jährlich bis zu 150 Borussen-Fans an die Anfield Road, um das Hillsborough-Denkmal und ein Spiel der Premier League zu besuchen. So gesehen war die Freundschaft bisher eher einseitig. "Dass Liverpool-Fans organisiert nach Mönchengladbach kommen, das war das erste Mal", freut sich Fanbeauftragter Thomas Weinmann. "Wenn die nicht das Champions-League-Finale vor der Brust gehabt hätten, wären sie auch mit mehr Leuten gekommen." Liverpool trifft heute auf den AC Mailand, fast auf den Tag genau 30 Jahre nach Borussias Pokalspiel gegen die "Reds". Rund 40 000 Liverpooler werden ihre Manschaft nach Athen begleiten. Aus der Ferne werden wohl viele Borussen-Fans mitfiebern - mit der wehmütigen Erkenntnis, dass die Schere zwischen beiden Vereinen seit jenem Endspiel sportlich weit auseinander gegangen ist.