Viel Zeit für Emotionen
Dante, Roman Neustädter und Marco Reus werden rührend verabschiedet.
Mönchengladbach. „Mit euch durch Europa: Danke Fans!“ Als die Profis der Gladbacher Borussia sich mit einem riesigen Transparent von den über 53 300 Zuschauern im Borussia-Park verabschieden, ist ihr Trainer Lucien Favre bereits auf dem Weg Richtung Kabine. Durchschnaufen, das maue 0:0 gegen Aufsteiger Augsburg sacken lassen. „Ich war ein wenig enttäuscht von der Leistung meiner Mannschaft“, verrät Favre. Tief im Inneren der Gladbacher Arena bekommt der Schweizer so gar nicht die „wir wollen den Trainer sehen“-Rufe mit.
Torlose Magerkost gegen harmlose Augsburger hin oder her — berauscht von Platz vier (beste Platzierung seit 1996) und der definitiven Teilnahme an der Qualifikation zur Champions League bitten die VfL-Treuen Favre, den Macher des Erfolges, zum Jubeltanz. „Ich mache so etwas nicht gerne, das ist nicht meine Sache“, sagt der aber.
Erst Mediensprecher Markus Aretz gelingt es nach einigen Minuten, Favre für „La Ola“ vor die Fankurve zu lotsen. Schließlich löst sich beim Coach allmählich die Anspannung. „Mit 57 Punkten bin ich natürlich zufrieden. Vor einem Jahr haben wir in letzter Sekunde den Abstieg vermieden. Nun sind wir Vierter. Eine tolle Leistung, besser geht fast gar nicht.“
Die leichte Enttäuschung über das verlorene Kopf-an-Kopf-Rennen mit Schalke um Platz drei und die direkte Qualifikation zur Königsklasse haben seine Spieler zuvor rascher verdrängt. Gleich nach dem Schlusspfiff setzen sie zur Humba an. Kapitän Filip Daems, Mike Hanke oder Roel Brouwers holen ihre Kinder von der Tribüne zur ausgelassenen Europapokal-Party auf den Rasen.
Mitten drin im Freudentaumel: Marco Reus (zum BVB), Roman Neustädter (zu Schalke) und Dante (zu Bayern München). Die drei genießen ihr allerletztes Heimspiel als Fohlen in vollen Zügen, singen, tanzen, hüpfen, lachen. „Als Roman, Dante und ich uns noch einmal das Stadion-Mikro geschnappt und gemeinsam mit den Fans gesungen haben, da wurde mir bewusst, dass eine wunderschöne Zeit zu Ende geht“, sagt Reus nach dem Duschen. „Wie die Fans uns verabschiedet haben, war einfach nur überragend.“
Roman Neustädter pustet ebenfalls mit feuchten Augen durch, derweil hat Dante vor Rührung Mühe, die passenden Worte zu finden. Von wegen coole Profis. Der Abgang bei Borussia fällt ihnen merklich schwer. „Ich bin traurig, es ist schade, aber ich habe das so entschieden“, sagt Neustädter. Dante gesteht: „Es ist für mich schwierig gewesen, die Emotionen in den Griff zu bekommen. Ich bin sehr froh darüber, dass die Fans mich und meine Arbeit weiterhin respektieren.“
Keine leichte Aufgabe für Sportdirektor Max Eberl, Typen wie Dante oder gar Nationalspieler Reus adäquat zu ersetzen. Zu Recht betont Reus: „Ich denke, was unsere Mannschaft in den vergangenen Monaten geleistet hat, ist sensationell. Borussia ist zurück im Blickfeld der Liga. Wir haben für viele positive Schlagzeilen gesorgt.“ Eine weitere soll am Samstag mit einem Erfolg beim Liga-Finish in Mainz hinzukommen.