Gladbach stirbt sorglos in Schönheit

Beim 1:2 in Hoffenheim sind die Mönchengladbacher eigentlich die bessere Mannschaft, fahren aber mit leeren Händen heim.

Sinsheim. Der Kaffeebecher in der Hand von Max Eberl ist schön heiß, um ihn herum ist es mucksmäuschenstill. Zeit also, zwei Stunden vor Spielbeginn in der Arena in Sinsheim Blicke und Gedanken schweifen zu lassen. Endet der Fluch am Sonntag? Hier, wo Gladbach noch nie zu gewinnen vermochte. Bei sieben Versuchen. Ein Tor nur — und Platz vier in der Tabelle wäre erreicht. Welch eine Verlockung. Süße Kost zu Saisonbeginn. Doch gut drei Stunden später schaut der Gladbacher Sportdirektor mit müden Augen: „Wir stehen mit leeren Händen da, und das — wenn ich es so sagen darf — kotzt uns alle an.“

Gladbach macht das, was es in Hoffenheim fast immer anstellt: verlieren. Diesmal mit 1:2. Aber Gladbach macht bei dieser sechsten Niederlage im achten Duell in Sinsheim diesmal etwas, was dem Club bisher noch nie in allen Vergleichen geglückt war — die Mannschaft stirbt in Schönheit. Viel schlimmer noch — sorglos in Schönheit. Anders ist das nicht auszudrücken, was sich 90 Minuten auf dem Rasen abspielt. Hoffenheim verteidigt. Bissig. Engagiert. Gladbach spielt. Engagiert, aber fahrig. Ohne letzte Konsequenz, ohne finalen Pass, ohne Grell. 68 Prozent Ballbesitz, 86 Prozent Passgenauigkeit, 56 Prozent der Zweikämpfe gewonnen. Am Ende ist alles brotlose Kunst.

Weil Hoffenheim die Nadelstiche setzt — mit gütiger Mithilfe der Gladbacher. Modestes Kopfball lenkt Daems unglücklich mit der Brust ins eigene Tor. Das alles 30 Sekunden vor dem Halbzeitpfiff. In Gladbachs verbesserte Bemühungen um den Ausgleich platzt das zweite Tor. Modeste schickt Volland, der Daems vernascht und ter Stegen — seinen Kumpel aus der U 21 Nationalmannschaft — mit einem listigen Ball ins lange Eck düpiert. Ein Tor mit Ansage. Im Plausch vor Spielbeginn hatte Volland ter Stegen schon gewarnt: „Guck mal dahinten, da wo die Torkamera hängt. Da mache ich dir nachher einen rein.“

In Hoffenheim halten sie momentan ihre Versprechen. Gladbach in tragischer Weise auch. Dreimal auswärts gespielt — dreimal verloren. Bei den Bayern 1:3, in Leverkusen 2:4 — und jetzt Hoffenheim. Trainer Lucien Favre wirkt erstmals ein bisschen hilflos, verspricht aber: „Ich muss als Cheftrainer die beste Lösung finden.“ Was er damit meint? So geht es nicht weiter. Vor allem auswärts. Die Diskrepanz gegenüber den Heimspielen mit zwei Siegen ist auffällig. Kapitän Filip Daems kritisierte: „Wir haben in der Offensive ohne die letzte Überzeugung gespielt.“ Und Granit Xhaka fordert: „Wir müssen ein bisschen bissiger werden, aggressiver draufgehen, dann passieren die Gegentore nicht mehr.“

Hoffenheims Cheftrainer machte keinen Hehl aus seiner Spielstrategie nach dem 2:6 in Stuttgart vor der Länderspielpause. „Wir wollten heute sehr bewusst verteidigen“, sagte Markus Gisdol und bot den Gladbachern ungewollt den Plan zu erfolgreichen Auswärtsspielen an: „Ich glaube, wenn man sich Statistiken richtig anschaut, dass in der Mehrzahl nicht die Mannschaft mit mehr Ballbesitz gewinnt.“ Favre nickte — allerdings mit betretener Miene.