Hecking bedient - Augsburger „wollen nach Europa“

Augsburg (dpa) - Dieter Hecking hatte schon schwer an der ersten Wolfsburger Niederlage 2015 zu knabbern. Als nach dem 0:1 (0:0) beim heimstarken FC Augsburg aber auch noch die Rede auf den weiter enteilten FC Bayern kam, reagierte der VfL-Coach nur noch genervt.

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„Sind sie schon Meister?“, entgegnete Hecking auf die Frage nach vorzeitigen Glückwünschen an die nun schon elf Punkte entfernten Münchner. Es gebe doch noch zehn Spieltage, oder? „Ich gratuliere dann, wenn die Bayern rechnerisch Meister sind.“

Leichter fiel es dem 50-jährigen Fußballlehrer, seinem Augsburger Kollegen Markus Weinzierl einen Glückwunsch zum verdienten Sieg auszusprechen und sogar die Krönung einer grandiosen Saison zu wünschen. „Vielleicht schafft ihr es wirklich nach Europa. Es wäre euch zu gönnen, weil ihr gute Arbeit macht“, erklärte Hecking.

Seine überspielt wirkende Mannschaft konnte Wertarbeit am Samstag ausnahmsweise nicht abliefern. „Wir waren nicht so zwingend und nicht so wach“, klagte Hecking. Etwa beim spielentscheidenden ersten Bundesligator von Dominik Kohr, der in der 63. Minute hellwach war und nach dem von Diego Benaglio parierten Foulelfmeter von Tobias Werner im Nachschuss traf.

Während Hecking das vierte Auswärtsspiel in kürzester Abfolge nicht als Entschuldigung geltenlassen wollte, wies VfL-Star Kevin de Bruyne ausdrücklich auf den Substanzverlust hin: „Du bist immer unterwegs, hast wenig Schlaf, wenig Ruhe. Das hast du gespürt. Da kann es mal passieren, dass du verlierst.“ Der Gegner war ausgeruht und trat gieriger auf. „Wir wollten den Sieg mehr“, meinte Werner.

Und der Hunger der extrem heimstarken Augsburger ist mit 38 Punkten noch lange nicht gestillt. Erfolgscoach Markus Weinzierl machte nach der erfolgreichen Kraftprobe mit dem Tabellenzweiten einen Haken unter den Klassenverbleib und rief den erstmaligen Einzug des FC Augsburg ins internationale Fußball-Geschäft als neues Ziel aus: „Die Jungs wollen nach Europa - und wir auch!“

Die Pflicht des Klassenverbleibs sei erfüllt, verkündete Weinzierl: „Jetzt kommt die Kür. Wer die Mannschaft heute beobachtet hat, hat gesehen, was sie will. Wer zwei Drittel der Saison da oben mit dabei ist, der will auch nach drei Dritteln ganz oben mit dabei sein.“

Eine europäische Reifeprüfung war der Erfolg gegen Wolfsburg allemal. Es beeindruckte, wie die Wolfsburger Torfabrik um Bast Dost abgeschaltet wurde. Von einer „unglaublichen Energieleistung“ sprach Werner, „zu Null gegen die Wölfe zu spielen, die in den letzten zwei Auswärtsspielen zehn Tore erzielt hatten“.

Ein kleines Polster auf Platz sieben, der nicht mehr für die Europa League reichen würde, haben sich die Augsburger bereits erarbeitet. „Aus der Position lässt sich super angreifen“, frohlockte Weinzierl. Er kann mit Manager Stefan Reuter schon mal fix für eine fünfte Augsburger Bundesliga-Saison nacheinander planen. Der Kern der Mannschaft bleibe erhalten, verriet Reuter schon. „Punktuelle Veränderungen“ seien geplant. Falls europäische Fußballabende dazukämen, wäre dafür mehr Geld vorhanden. „Du darfst jetzt keinen Millimeter locker lassen“, verkündete Reuter kämpferisch.