Liga-Check 17/18 VfB Stuttgart: Mit Euphorie zurück in die Beletage
Der VfB Stuttgart hat beim einjährigen Gastspiel in der 2. Liga positive Energie gesammelt. Ob der talentierte Kader sich auch im Oberhaus bewähren kann, ist aber fraglich.
Stuttgart. Nach einem Jahr ist der VfB Stuttgart wieder dort, wo er sich richtig aufgehoben fühlt: in der Fußball-Bundesliga. Die Saison im Unterhaus war schwer, hat aber viele positive Gefühle freigesetzt. Das Projekt „Drinbleiben“ ist nun mindestens so anspruchsvoll wie im vergangenen Sommer der Auftrag „Aufsteigen“.
Vor wenigen Wochen wurde auch beim VfB die Profiabteilung in eine Aktiengesellschaft ausgegliedert. Das ist die größte strukturelle Veränderung. Viel wichtiger jedoch: Die Euphorie rund um die Mannschaft ist nach dem ersten Abstieg seit 40 Jahren nicht geringer, sondern größer geworden. Die Kulisse in der Mercedes-Benz-Arena war im Unterhaus erstklassig, die Zahl der Mitglieder schnellte um etwa 10 000 auf 56 000 in die Höhe. Präsident Wolfgang Dietrich sagte über den Zuspruch etwas überspitzt und stolz: „Beim VfL Wolfsburg kommen 15 000 Zuschauer zu einem Champions-League-Spiel. Das ist bei uns öffentliches Training.“ Stadt, Verein und Mannschaft sind enger zusammengerückt.
Klare Antwort: Noch nicht. Bisher hat der VfB mit Ausnahme des 28-jährigen Torhüters Ron-Robert Zieler nur Fußballer im Alter zwischen 19 und 22 Jahren verpflichtet. Und mit Ergänzungsspieler Ailton nur einen Verteidiger. Die Planungen für die Offensive sind abgeschlossen. In der Defensive aber besteht dringend Handlungsbedarf — und die Zeit läuft Sportvorstand Jan Schindelmeiser davon. Abwehrchef Timo Baumgartl ist auch gerade einmal 21 Jahre alt. Es steckt viel Talent im Kader — die große Frage aber ist, ob sich etwa die jungen Flügelflitzer, die in der 2. Bundesliga die Gegner schwindelig gespielt haben, in der Eliteklasse durchsetzen können. Der VfB geht damit ein Risiko ein.
Der 36-Jährige hat seine Methoden und seine Spielweise nach dem Sprung von der Dortmunder Jugend in die 2. Bundesliga nicht verändert und ist damit gut gefahren. Kontrollierte Offensive wird weiterhin das Prinzip sein. Gut möglich, dass er häufiger eine statt zwei Spitzen aufbieten und insgesamt mehr taktische Varianten einstudieren wird. Wolf weiß aber auch: In der vergangenen Runde haben fünf Mannschaften weniger Gegentreffer bekommen als Meister Stuttgart (37) und die 75 kassierten Tore in der Abstiegssaison davor waren ein verheerender Wert. Ohne das Hurra im Spiel nach vorne abzuschaffen, wird der VfB verstärkt auf die Defensive achten (müssen).
Das ist noch so eine große Frage. Der lange verletzte Daniel Ginczek hat bewiesen, dass er ein Bundesligastürmer ist. Terodde war zwei Mal in Folge mit 25 Treffern Zweitligatorschützenkönig, hat im Oberhaus trotz fünf Einsätzen in der Saison 2010/2011 für den 1. FC Köln aber noch nie ein Tor erzielt. „Ich versuche immer, bescheiden und demütig zu bleiben. Ich muss meine Leistung bringen, dann werde ich auch in der Bundesliga treffen“, sagt der 29-Jährige, der nach dem Aufstieg kurzzeitig auf dem Sprung nach Mönchengladbach war. 25 Tore werden es sicherlich nicht wieder werden, auch hier muss die Last auf mehrere Schultern verteilt werden. Und es kommt darauf an, was die Vorarbeiter zu leisten imstande sind.
Dietrichs Vorgänger Bernd Wahler ist eine ähnliche Aussage mal um die Ohren geflogen. Der aktuelle Präsident aber ist mit seinen Träumen von der Rückkehr zu alter Stärke nicht alleine. Und es gibt ja positive Beispiele von Vereinen, die durchgestartet sind. Nicht nur RB Leipzig. In Stuttgart denken viele an Borussia Mönchengladbach. Und Dietrich an Dortmund. Zudem hat der frühere Unternehmer lediglich in einem Interview davon gesprochen, dass irgendwann „bestenfalls nur zwei Vereine größer sind als wir“. Ansonsten ist das „obere Drittel der Tabelle“ seine übliche Formulierung. Die Voraussetzungen sind gut im Ländle. Wolfs Sorge sind jedwede Zukunftspläne aber überhaupt nicht. „Wir sind ein ganz normaler Aufsteiger“, sagt er. Der Trainer weiß: Es gibt in der kommenden Saison keine klaren Abstiegskandidaten. Außer den Aufsteigern.