Niersbach verteidigt Nations League - Anwalt für Platini
Berlin (dpa) - Wolfgang Niersbach fühlte sich bei seiner erneuten Verteidigungsrede für die umstrittene Nations League offensichtlich nicht so richtig wohl.
Der Besuch des DFB-Präsidenten im „Sportstudio“ des ZDF wurde zum Rechtfertigungsauftritt und Niersbach wieder zum Anwalt wider Willen für die Reformprogramme des UEFA-Chefs Michel Platini. Seit dem Beschluss des Kontinentalverbandes zur Einführung der Nations League muss der 63-Jährige die deutschen Fußball-Gemüter beruhigen und dabei schon wieder ein Projekt verteidigen, das ihm selbst nicht recht gefallen mag.
„Ich garantiere, es gibt keinen zusätzlichen Termin, denn ich teile die Ansicht von Spielern und Trainern, dass die Belastungsgrenze erreicht ist“, sagte Niersbach. Der deutsche Fußball braucht keinen weiteren Wettbewerb mit Turnierspielen der Nationalmannschaften über das gesamte Jahr - wie es der UEFA-Plan vom Jahr 2018 an vorsieht. Und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) braucht als potenter Verband im Gegensatz zu vielen anderen Nationalverbänden auch keine Einnahmen aus einem weiteren gut zu verkaufenden Wettbewerb. „Für uns könnte alles so bleiben, wie es ist“, sagte Niersbach.
Aus der Bundesliga gab es am 28. Spieltag wieder Kritik und Unverständnis. Von Schalkes Manager Horst Heldt bis Wolfsburgs Geschäftsführer Klaus Allofs. Die Sorge vor noch mehr Belastung besteht. Auch wenn Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge, der auch Vorsitzender der Vereinigung der europäischen Top-Clubs ECA ist, in der „Bild“-Zeitung feststellte: „Ich habe das Gefühl, dass es nicht von allen verstanden worden ist: Es wird keine Zusatzbelastung für die Spieler geben.“
Auch Niersbach wiederholt wie ein Mantra: „Es gibt keinen Termin mehr, es gibt nicht ein Spiel mehr.“ Und doch ist die Beschwichtigung Augenwischerei. Natürlich werden die DFB-Stars künftig bei Pflichtauftritten gegen Spanien oder Italien mehr gefordert sein, als in den allgemein als lästig empfundenen Testländerspielen. Mögliche Finalspiele der Nations League im Juni werden mehr abverlangen als bislang in diesem Zeitraum terminierte Qualifikationsspiele gegen Fußball-Zwerge á la Gibraltar.
Dennoch wirkt die allgemeine Aufregung ein wenig überhitzt. Noch steht das Format gar nicht fest. In vier Jahren kann in der Fußball-Welt viel passieren. Selbst Niersbach kennt den genauen Modus nicht, der auch EM- und WM-Tickets bescheren soll - wird ihn aber als Chef der UEFA-Wettbewerbskommission mitbestimmten können und müssen. Wie schon bei der gegen seinen Willen auf 24 Teams aufgestockten EM muss er also ein Format umsetzen, das ihm nicht gefällt.
Rolle und Einfluss des wichtigsten deutschen Fußball-Funktionärs im europäischen Machtzirkel werden daher kritisch beäugt. Knapp ein Jahr nach seinem Aufstieg in die UEFA-Exekutive wirkt der ehemalige DFB-Generalsekretär eher wie ein stets überstimmter Erfüllungsgehilfe seines Freundes Platini. Er habe seinen Standpunkt vehement vertreten, erzählte Niersbach über die Nations-League-Debatte. Aber: „Ich habe nach rechts und links geguckt. Da war kein Zweiter“. Letztlich müssen man sich „von der deutschen Optik lösen.“
DFB-Teammanager Oliver Bierhoff, der trotz gewisser Vorbehalte in einem Blog auf der Verbandshomepage feststellte: „Es liegt an uns, diesen Wettbewerb als hochwertig zu begreifen, jeweils mit der besten Mannschaft anzutreten und die Spieler und die Fans für dieses Format zu begeistern.“