Schalke entzaubert Hannover - Heldt: „Laufen lassen“
Gelsenkirchen (dpa) - „Elf Kapitäne“ auf Schalke umschiffen derzeit geschickt jede Klippe. Die in der Hinrunde allgegenwärtige Angst vor einem Schiffbruch beim Verfolgen der hohen Ziele ist verflogen.
Nach dem dritten Rückrundensieg macht sich stattdessen eine lange nicht erlebte Euphorie breit.
Horst Heldt möchte die schöne Momentaufnahme beim Revierclub trotz neuer Verletzungsprobleme so lange wie möglich festhalten. „Wir müssen einfach so weitermachen und dürfen jetzt nicht verrückt spielen“, sagte der Manager nach dem beeindruckenden 2:0 gegen Hannover 96.
Den Gründen für den Aufschwung ist schwer auf die Spur zu kommen. Trainer Jens Keller, Heldt und die Spieler müssen immer wieder erklären, warum jetzt klappt, was vorher schiefging. „Es ist ein Mix aus vielen Dingen“, meinte Heldt. Bei seiner Analyse des selbstbewussten Auftretens, der Dominanz und Präsenz, des überragenden Flügelspiels und der zauberhaften Tore mochte Heldt aber gar nicht so gern ins Detail gehen: „Fest steht: Es war eine sehr reife Mannschaftsleistung, viele Spieler sind an ihre Topform herangekommen und wir haben zwei wunderschöne Treffer erzielt. Wir sollten jetzt nicht alles zerreden, sondern es so laufen lassen.“
Dahinter steckt offenbar die Sorge, das zarte Pflänzchen könnte wieder eingehen, bevor es dauerhaft Blüten treibt. Doch Torhüter Ralf Fährmann, der in den zurückliegenden sechs Pflichtspielen nur ein Gegentor kassierte, sieht für übertriebene Skepsis keinen Anlass. Er macht den Aufschwung vor allem am verbesserten Teamgeist fest: „Jeder einzelne Spieler will Verantwortung übernehmen. Man kann sagen, dass wir nicht nur einen, sondern elf Kapitäne auf dem Platz haben. Vielleicht ist das der Schlüssel zum Erfolg.“
Für Kevin-Prince Boateng, der in Schalkes Schaltzentrale denkt und lenkt, sind die jüngsten Auftritte das Ergebnis der gelungenen Vorbereitung. „Wenn man im Trainingslager zusammenwächst, sieht man das auch auf dem Platz. Unsere Konzentration ist höher und wir haben Spaß am Fußball. Das gefällt auch den Fans.“ Nach dem Führungstreffer von Jefferson Farfan (39.) resultierte das 2:0 aus einer Traumkombination über Boateng, Farfan, Atsuto Uchida und Max Meyer, der in der 44. Minute eiskalt vollstreckte - der K.o. für Hannover.
Der neue 96-Coach Tayfun Korkut spürte erstmals, wie sich eine Niederlage in der Bundesliga anfühlt. Gleichwohl wertete er das 0:2 nach den 3:1-Rückrundensiegen in Wolfsburg und gegen Mönchengladbach nicht als „Rückschlag, weder für mich noch für die Mannschaft“. Selbst nach diesem Doppelschlag vor der Pause sei seine Elf in der zweiten Spielhälfte noch gut in der Partie gewesen. „Sie hat auch da versucht, den Abschluss wieder herzustellen“, lobte Korkut. Er gab aber zu: „Man hat gesehen, welche Qualität Schalke in der Mannschaft hat - da kann man nicht alles verteidigen.“ Der Tabellen-Zehnte bleibt mit nur einem Sieg und neun Pleiten (9:23 Tore) das mit Abstand schlechteste Auswärtsteam der Liga.
Schalkes Erfolg wurde getrübt durch neue Verletzte. Uchida fällt im Topspiel am Samstag in Leverkusen ebenso aus wie Roman Neustädter, der mit einer schweren Knieprellung und Risswunde schon früh ausschied. Eine schlechte Botschaft hatte Keller schon vor dem Spiel bekommen: „Benedikt Höwedes fällt mit Muskelfasserriss im Oberschenkel noch drei bis vier Wochen aus.“