#EM2016 G 14 EM Bilanz: 11 Fragen an Uwe Kleinschmidt

Was lief falsch?

#EM2016: G 14 EM Bilanz: 11 Fragen an Uwe Kleinschmidt
Foto: Arne Dedert

Vielleicht schon die grundsätzliche Annahme, Deutschland müsse immer alles gewinnen. Bei der WM, der EM, beim Eurovision Song Contest, beim Frauen-Finale von Wimbledon. Der DFB hat die komplette EM generalstabsmäßig vorbereitet, wie die Weltmeister, fehlerlos. Einen Titel aber kann man nicht planen. So wenig wie Verletzungen von Marco Reus, Antonio Rüdiger, Bastian Schweinsteiger, Mats Hummels, Jerome Boateng oder Mario Gomez.

Nein. Was seine großartige Karriere nicht schmälert. Seine Leistungen und Verdienste sind unumstritten, dazu ist er ein guter Typ. Aber: Sein Spiel ist enorm kraftaufwendig, er ist 31 Jahre alt und immer wieder verletzt. Also raus mit Applaus. Die Gegenwart im defensiven Mittelfeld heißt Kroos und Khedira, die Zukunft Weigl und Kimmich.

Eine nicht korrekt zu beantwortende Frage. Warum landet sein Flugkopfball gegen Nordirland am Pfosten, sein Rechtsschuss an der Latte? Vielleicht war es einfach mal so nach sieben Jahren auf der Überholspur mit dem Gewinn aller verfügbarer Titel. Es war nicht die Taktik. Müller wird weitermachen und wieder treffen.

Nein. Nur könnte der Bundestrainer — welcher auch immer — dieses Prinzip erweitern. Um das des zeitweiligen Abwartens, sich fallen lassen, laisser faire wie die Franzosen, und dann in den großen Raum hinein zu kontern. Der reine Ballbesitzfußball scheint überholt. Er ist zu wenig torgefährlich.

Bis auf einen Punkt spricht alles für Löw: Er hat eine Mannschaft als taktisch und menschlich funktionierende Einheit geformt, die in jedwedes Halbfinale dieser Welt vorstößt. Er hat schönen, technischen Fußball installiert und vielen Talenten zu Weltkarrieren verholfen. Er hat als „Mannschaft hinter der mannschaft“ eine perfekte Maschinerie entwickelt. Es gibt derzeit keine Alternative zu ihm. Gegen Löw spricht: Er macht es seit zehn Jahren. Und manchmal braucht es frischen Wind.

Natürlich zuerst Joshua Kimmich. Viermal Startelf als Rechtsverteidiger. Ganz stark. Auf der anderen Seite hat Jonas Hector seine Platzreife bewiesen. Beide trafen zudem im Elfmeterschießen gegen Italien. Daumen hoch! Julian Draxler ist nun definitiv Deutschlands Bester links vorne. An ihm muss Marco Reus vorbei.

Zunächst einmal André Schürrle und Lukas Podolski. Dazu Mario Götze. Podolski sollte, siehe Schweinsteiger, an einen Rücktritt denken. André Schürrle muss sich fragen lassen, ob er als 25-Jähriger seiner Verantwortung in der Mannschaft gerecht geworden ist und alles gegeben hat auf dem Platz. Götze hat seinen Bonus im DFB-Team verspielt, das Genie muss sich wieder hinten anstellen.

Die gleichen wie bei der EM 2016: Neuer: Boateng, Hummels, Kroos und so fort. Alle sind dann im, wie man so sagt, besten Fußballer-Alter. Dazu Kimmich, Weigl, Leroy Sanè natürlich und Jonathan Tah.

Die Zukunft wird sein, dass Top-Mannschaften über ihre taktischen Formationen variabel verfügen können. Eine Dreierkette ist nur in Ballbesitz eine, sonst wird sie zur Fünferkette. Die Viererkette ist die Mutter der linienartigen Verteidigung. Gespielt wird in Zukunft, was gerade gebraucht wird.

Auf jeden Fall. Natürlich gibt es in der Weltspitze besser linke Verteidiger als Hector, aber der Kölner ist extrem zuverlässig, hat während der EM praktisch nie gepatzt. Kimmich hat auf einer Not-Situation gespielt, ist eigentlich Sechser. Und scheint schon legitimer Nachfolger von Philipp Lahm zu sein. Von dem ist er noch meilenweit entfernt, aber immerhin keine Lichtjahre — wie andere.

Gegenfrage: Braucht der FC Bayern oder Polen einen Robert Lewandowski? Natürlich sind sogenannte Vollstrecker im Fußball immer gefragt. Gerd Müller würde auch heute noch spielen. Wenn der Hype um die falsche Neun sich gelegt hat, wird auch der Wert des guten, alten Mittelstürmers wieder steigen.