Kurzes Durchpusten fürs DFB-Team - Danzig ruft
Berlin (dpa) - Deutschlands EM-Spieler genießen noch einmal ein freies Wochenende, registrieren aber schon genau jeden Hinweis von Chef Löw. Noch eine Woche bleibt für den Feinschliff. Bastian Schweinsteiger muss kräftig trainieren.
Der Bundestrainer lobt Khedira. Montag geht's nach Polen.
Jérome Boateng nutzte den Kurzurlaub zur Vorstellung des Familienbuchs „Die Brüder Boateng“. Und Bastian Schweinsteiger muss individuell ackern. Für ein Wochenende dürfen Trainer und Fußballer, die Deutschland in ein neues Sommermärchen stürzen sollen, noch einmal für sich sein.
„Ein bisschen Ruhe, nächste Woche geht es richtig los“, erklärte der Ex-Herthaner Boateng in seiner Heimatstadt Berlin. Dort bekam er in einer Bibliothek im Stadtteil Wedding schon die Begeisterung der Fans zu spüren, die sich bald steigern wird. „Ich habe mich gewundert, dass jemand ein Buch über unsere Familie schreiben will“, sagte er.
Am Montag um 13.35 Uhr hebt der DFB-Tross von Frankfurt mit einer gecharterten Lufthansa-Boeing 747-8 Richtung Danzig ab. Dort schlägt die deutsche Nationalmannschaft ihr Basislager auf, obwohl sie alle drei Vorrundenspiele in der Ukraine bestreiten muss. „Kommende Woche steht viel Arbeit an, das müssen wir optimal nutzen“, betonte Joachim Löw. Doch zunächst dürfen seine Hoffnungsträger nach der geglückten 2:0-Generalprobe gegen Israel für kurze Zeit den EM-Stress vergessen. „Jetzt ist es gut, dass die Spieler nach fast drei Wochen Vorbereitung noch zwei Tage zu Hause sind und aufladen“, sagte der Bundestrainer.
Die Planungen für die letzten und in Löws Augen entscheidenden Trainingstage stehen: Feinabstimmung zwischen den Mannschaftsteilen, schnelles Umschalten und vielleicht auch ein paar Standards hat die Sportliche Leitung vor dem scharfen Start in einer Woche gegen Portugal nochmals zu Schwerpunkten erkoren. „Das muss noch besser werden, noch perfekter“, bemerkte der detailbesessene Löw mit „Vorfreude“. Auch an der Organisation will er noch feilen. Die sei gegen Israel zwar „besser als in der Schweiz“ gewesen. „Aber da können wir noch einen Schuss Aggressivität zulegen“, betonte Löw.
Die meisten Personalentscheidungen hat der Freiburger längst im Kopf - und schon aufgedeckt. Auch die eigenen Spieler wie der 23 Jahre alte Boateng gehen davon aus, dass der Bundestrainer mit der Startformation des Israel-Tests in Leipzig einiges verraten hat. „Ich denke schon“, sagte der Münchner Boateng zu Löws praktischem Hinweis, dass er auch am kommenden Samstag gegen die Portugiesen und damit speziell gegen Cristiano Ronaldo rechts verteidigen darf. Löw schätzt Boatengs „Möglichkeiten in der Defensive“, der Jungstar formulierte brav: „Der Trainer entscheidet.“
Offiziell will der Chef der deutschen Titelmission erst zu Beginn der wichtigen Trainingswoche an der polnischen Ostseeküste verkünden, ob sein Kapitän Philipp Lahm im Turnier links oder rechts verteidigen soll oder vielleicht sogar von Spiel zu Spiel wechselt. „Ich werde mir auch noch mal ein paar Gedanken machen“, kündigte Löw an.
Von Zweifeln oder Gefahren nach einer bisher keineswegs optimalen Vorbereitung und nach den neuerlichen gesundheitlichen Problemen von Bastian Schweinsteiger will er nichts wissen: „Ich gehe entspannt und freudig in die nächste Woche, weil ich mich freue, dass es losgeht.“
Schweinsteiger hat laut DFB inzwischen grünes Licht von den Ärzten, nach seiner Wadenverletzung wieder voll zu belasten. „Ich bin überzeugt, dass er am Montag voll mit der Mannschaft einsteigt“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff. Am Wochenende sollte der Münchner Vizekapitän weiter für sich an seiner körperlichen Fitness arbeiten, denn nach zwei größeren Verletzungspausen und fehlendem Spielrhythmus hat Schweinsteiger noch immer erheblichen Nachholbedarf.
„Ich hoffe, dass Basti fit wird, weil er wichtig ist für die Mannschaft“, sagte Toni Kroos. Der Bayern-Kollege ist der erste Ersatzmann für Schweinsteiger im Mittelfeld, falls die Zeit für den „emotionalen Leader“ doch nicht reichen sollte. Sami Khedira spielt in der Mittelfeldzentrale auf jeden Fall eine Hauptrolle. „Die Anforderung an ihn ist wie an jeden Mittelfeldspieler, immer mal in die Spitze zu gehen. Das macht Khedira einfach klasse“, lobte Löw. Joker André Schürrle kann den Abflug nach Polen kaum mehr abwarten: „Wir sind heiß, wir wollen endlich gegen Portugal spielen. Ich bin sicher, da wird einiges los sein.“