Oranje mit gutem Gefühl zur EM - Huntelaars Frust

Amsterdam (dpa) - Klaas-Jan Huntelaar machte gute Miene zum bösen Spiel. Als sein Rivale Robin van Persie bei der niederländischen EM-Generalprobe gegen Nordirland früh zum 1:0 einköpfte, applaudierte der Stürmer des FC Schalke 04 auf der Ersatzbank.

Und als der Bundesliga-Torschützenkönig in Amsterdam nach rund 55 Minuten endlich für den treffsichersten Angreifer der englischen Premier League aufs Feld durfte, klatschten sich die beiden Offensivspieler artig ab. Doch innerlich brodelte es in Huntelaar, nachdem er von Bondscoach Bert van Marwijk zu hören bekommen hatte, dass er wie schon vor zwei Jahren bei der WM in Südafrika nur als Ersatzstürmer zur EM in Polen und der Ukraine fahren wird.

2006 in Deutschland hatte Huntelaar gar nicht zum WM-Aufgebot der Oranjes gezählt, obwohl er im Trikot von Ajax Amsterdam Torschützenkönig der Ehrendivision geworden war. „Ich bin enttäuscht, dass er sich nicht für mich entschieden hat“, hatte Huntelaar schon vor dem 6:0 (4:0)-Sieg des zweiten deutschen Vorrundengegners gegen hoffnungslos überforderte Nordiren in niederländischen Medien über van Marwijk gesagt. „Ich hatte das Gefühl, dass alles schon von vornherein feststand.“

Am Samstagabend wollte sich der 28-Jährige nicht mehr dazu äußern. Wort- und grußlos verließ er die Amsterdam Arena. Aber wenn Huntelaar an diesem Montag das Flugzeug in Richtung Krakau besteigt, wo der Europameister von 1988 während der Fußball-Europameisterschaft sein Quartier aufschlägt, wird er eine gehörige Portion Wut im Bauch haben.

Denn der abschließende Oranje-Test verlief für ihn wie die gesamte Vorbereitung enttäuschend. Als van Marwijk ihm endlich das Signal für einen Einsatz gab, stand es durch Treffer von ausgerechnet van Persie (7. Minute/23.-Handelfmeter), Wesley Sneijder (15.) und Ibrahim Afellay (37./51.) bereits 5:0. „Es war nicht einfach für ihn. Er kam aufs Feld, als das Spiel schon gelaufen war und alle einen Gang zurückgeschaltet haben“, sagte Mittelfeldregisseur Sneijder.

Van Marwijk konnte sich hingegen als Gewinner fühlen, sich gegen die Stimmung unter den Fans und die Meinung zahlreicher Experten für van Persie entschieden zu haben. „Ich bin heute in einigen Dingen bestätigt worden“, sagte der 60-Jährige, ohne explizit auf das in den vergangenen Tagen in den Niederlanden heiß diskutierte Stürmer-Thema einzugehen. Allerdings machte van Marwijk deutlich, dass die Tür für Huntelaar nicht komplett zu ist. „Ich habe Klaas-Jan gesagt, dass ich mich nicht für drei oder vier Spiele festlege.“

Auch Kapitän Mark van Bommel verwies darauf, dass die Niederländer im Verlauf der Turniers jeden Akteur benötigen. „Wenn man das Turnier gewinnen will, braucht man nicht nur elf Spieler“, sagte der Schwiegersohn von van Marwijk. Die Kritik an den zuvor schwachen Leistungen des Oranje-Teams in der Vorbereitung hatte van Bommel zwar „enttäuscht“, gleichzeitig nahm er die Debatten mit Humor. „Das gehört bei uns dazu. Wird sind ein kleines Land, aber haben 16 Millionen Bundestrainer.“