Ronaldo & Co. blamiert und ausgebuht: „Ein Schreck!“
Lissabon (dpa) - Deutschlands Auftaktgegner Portugal hat im EM-Jahr das Siegen verlernt. Nach der 1:3-Pleite gegen die Türkei, dem dritten Spiel in Serie ohne Sieg, standen nicht nur Weltstar Cristiano Ronaldo die Haare zu Berge.
„Uns sind heute viele Fehler unterlaufen, die man einfach nicht machen kann, ich habe einen Elfer vergeben und die Elf dadurch verunsichert“, räumte der Stürmer nach seinem 90. Länderspiel mit nach der Dusche schlecht sitzender Irokesen-Frisur ein. Bei der EM werde aber alles ganz anders sein, versprach der 27-jährige Real-Madrid-Profi. „Da muss der Ball doch einfach ins Tor“, fügte er wie zu den Fußball-Göttern flehend an.
Dramatischer sahen es eine Woche vor dem EM-Start in Lwiw gegen Joachim Löws Elf die gut 60 000 Fans, die die „Selecção“ im „Estadio da Luz“ von Lissabon mit Buhrufen und Pfiffen in die Kabine schickten, und auch die Medien. „Diese Abwehr ist ein Schreck!“, klagte das Sportblatt „Record“, während „Diario de Noticias“ titelte: „Schlechtes Spiel, noch schlechteres Ergebnis und eine Krise“. Auch von einer „Schande“ war die Rede. Am Tejo versank man in kollektiver Wut und Trauer. „Wenn die so weiter spielen, packen sie bei der EM früh die Koffer“, schimpfte sogar Fado-Gesangstar João Braga.
Der mit seiner Gala-Elf um Ronaldo, Nani, Raul Meireles, João Moutinho, Pepe und Fabio Coentrão angetretene Weltranglisten-Fünfte schien die Gäste in den ersten 20 Minuten überrollen zu wollen, zeigte aber bald gegen die konterstarken Türken eklatante Abwehrschwächen. Toulouse-Stürmer Umut Bulut nutzte in der 34. und 52. Minute grobe Fehler von Bruno Alves und Pepe zum 0:2. Die Portugiesen vergaben mit Ronaldo, Nani und dem Ex-Bremer Hugo Almeida im Sturm zahlreiche Torchancen, bevor sie in der 57. Minute durch einen platzierten Schuss von Nani verkürzen konnten.
Das Fehler-Festival der „Lusos“ setze sich dann aber fort. In der 65. Minute scheiterte Ronaldo mit einem Foulelfmeter an Gästetormann Volkan Demirel. Portugals Coach Paulo Bento versuchte, mit sechs Auswechslungen in den letzten 20 Minuten eine Wende herbeizuführen, aber es sollte noch schlimmer kommen. Zwei Minuten vor dem Ende schoss Ricardo Costa seinen Kollegen Pepe stümperhaft an und der Ball rollte zum 1:3 über die Torlinie. Coach Bento verstand die Welt nicht mehr: „Wir haben toll gespielt und im Abschluss versagt“, sagte er. Das Selbstvertrauen sei aber noch da.
Nach dem 0:0 im Februar bei EM-Co-Gastgeber Polen, der erneuten Nullnummer gegen Mazedonien vor einer Woche und der Türkei-Schlappe bleibt Portugal 2012 ohne Sieg - und Ronaldo, der für Real in 38 Ligaspielen 46 Tore schoss, ist dieses Jahr ohne Länderspieltor. Zusätzliche Sorgen bereitet Nani, der aufgrund eines Schlags auf den rechten Fuß den Platz humpelnd verließ, nach Ärzte-Angaben vom Sonntag bis zum Deutschland-Spiel aber fit sein wird.
Am Sonntag durften Ronaldo & Co. einen freien Tag genießen. Am Montag wird das Team von Präsident Anibal Cavaco Silva verabschiedet, bevor es noch am selben Tag in polnischen Opalenica Quartier bezieht. In der EM-Vorrunde am 9. Juni trifft man zunächst auf Deutschland, dann auf Dänemark und die Niederlande. Trotz der jüngsten Malaise hat Ronaldo die Hoffnung auf EM-Siege nicht aufgegeben: „Deutschland spielt fantastisch, aber wir werden bereit sein“.