Analyse Fortuna Düsseldorfs Abstieg: Unglücklich, aber nicht unverdient
Düsseldorf · Die Fortuna spielte unter Trainer Uwe Rösler meist munter nach vorne und ging häufig in Führung. Doch am Ende standen viele Gegentore und wenige Siege. Der Abstieg aus der Fußball-Bundesliga ist hausgemacht.
Natürlich gab es sie auch heute: Fortunafans, die die Schuld für die neuerliche Enttäuschung bei anderen suchen. Und diesmal ist es auch recht naheliegend, weil das Ziel des Zorns ein besonderes ist: Grundsätzlich hält sich die Beliebtheit des 1. FC Köln in Düsseldorf ja in engen Grenzen, und was der FC beim 1:6 in Bremen ablieferte, war nun wirklich kein Ruhmesblatt. Aber wie bereits in den Wochen zuvor – wo wahlweise das fehlende Glück, der Videobeweis oder gar der Fußballgott höchstpersönlich verantwortlich gemacht wurden – lässt sich ohne Zweifel festhalten: Die Fortuna ist ganz allein für ihre Ergebnisse verantwortlich. Und damit auch für ihren sechsten Abstieg aus der Fußball-Bundesliga.
Das zeigt allein der Blick auf die Zahlen: In 34 Saisonspielen gab es lediglich sechs Siege zu bejubeln. Die und gleich zwölf Unentschieden reichten für gerade mal 30 Punkte. Nun genügten dem VfB Stuttgart vergangenes Jahr 28 Zähler zu Tabellenplatz 16 und der Teilnahme an der Relegation, 2014 schaffte das der Hamburger SV sogar mit 27 Punkten. Aber das waren Ausnahmen, ansonsten führten 30 Punkte in den zurückliegenden zehn Jahren immer direkt zum Abstieg.
Nur ein Sieg nach der Corona-Pause
Sicher, die Spiele unter Trainer Uwe Rösler waren schöner anzusehen. Trotz der wirtschaftlichen Unterlegenheit gegenüber nahezu allen Kontrahenten ging es meist mutig nach vorne, die Fortuna spielte selten wie ein Absteiger. Ihr Problem war allerdings: Sie punktete wie einer. Seit dem Re-Start Mitte Mai gewannen die Düsseldorfer nur noch ein Mal: gegen Schalke 04. Aber wer hat das zuletzt nicht geschafft? Fortunas restliche Bilanz nach der Corona-Pause: ein Sieg, fünf Unentschieden, drei Niederlagen. Vor allem in den letzten Wochen der Saison ging nichts mehr: nur drei Punkte aus sechs Spielen. Die beiden entscheidenden Auftritte gegen Augsburg (1:1) und nun in Berlin (0:3) waren zwei der schwächsten unter Rösler. Als es richtig drauf ankam, verkrampfte die Mannschaft. Mental, körperlich und spielerisch schien sie den Anforderungen des Abstiegskampfs nicht gewachsen zu sein.
Nach dem späten 0:1 gegen schwache Dortmunder hatte sich Rösler die Frage nach der Qualität noch verbeten. Nun muss sie erneut gestellt werden. Oder auch nicht: Denn sie ist beantwortet. Die immer neuen bitteren Punktverluste nach guten Spielen waren eben doch mehr als Pech. Sonst wäre ihre Häufung nicht zu erklären. Auf fünf verspielte Führungen in der Hinrunde unter Friedhelm Funkel folgten in der Rückrunde fünf weitere unter Rösler. Teils auf groteske Weise wie beim 2:2 nach 2:0 in Köln oder beim 3:3 nach 3:0 gegen Hertha BSC. Hinzu kamen diverse Spiele gegen die Topteams der Liga, in denen die Fortuna nicht den Hauch einer Chance hatte. Insgesamt 67 Gegentore (fast zwei pro Spiel) sind deutlich zu viel.
Hinter Hennings kam zu wenig
Auch vor dem anderen Tor sah es nicht viel besser aus. Ganze 36 Tore schoss die Fortuna, die vor allem an der Verteilung litt. Dass Rouwen Hennings 15 Mal trifft, hatte er wohl selbst nicht erwartet. Doch ohne die beeindruckende Quote des 32-Jährigen hätte es viel früher viel schlimmer um die Fortuna gestanden. Lediglich Kenan Karaman und Erik Thommy zeigten sich noch ansatzweise treffsicher, erzielten jeweils sechs Tore. Kein weiterer Spieler kam allerdings auf mehr als zwei Treffer. Keiner aus dem viel zu ungefährlichen Mittelfeld, und erst recht nicht Nana Ampomah oder Dawid Kownacki. Die beiden teuersten Transfers der Vereinsgeschichte gingen komplett leer aus.
So ist dieser Abstieg hausgemacht. Ein Klub mit den wirtschaftlichen Voraussetzungen der Fortuna kann die Klasse nur halten, wenn die solvente Konkurrenz kriselt und er selbst über seine Verhältnissen spielt. Das hatte die Fortuna vergangene Saison dank Ausnahmespielern wie Dodi Lukebakio, Benito Raman, Kevin Stöger und Kaan Ayhan getan. Doch die ersten beiden verabschiedeten sich danach, Stöger war lange verletzt und dann zu oft unsichtbar, Ayhan spielte eine ordentliche, aber eben keine herausragende Saison. Bis auf Rouwen Hennings zeigte niemand deutlich mehr, als es von ihm erwartet worden war. Manche enttäuschten gar maßlos. Und dann reicht es nicht.
Ist der Abstieg also unglücklich? Mit Sicherheit, nur ein Sieg mehr hätte genügt. War Pech dabei? Auch das, in vielen Spielen hätte die Leistung für mehr reichen müssen. Aber ist der Gang in die zweite Liga deswegen unverdient: Mitnichten. Für den ist die Fortuna ganz allein verantwortlich.