Der brasilianische Italiener

Fußball: Tiago Coehlo Branco Calvano kann in der Abwehr und im Mittelfeld spielen. Der 29-Jährige hatte auch Angebote aus der Türkei.

Düsseldorf. Das Italienische ist bei Tiago deutlich erkennbar. Das dichte schwarze Haar hat die Seitenscheitel-Form von Italiens Torwart-Legende Dino Zoff. Ein kleines Kinnbärtchen ziert das Gesicht des Neu-Fortunen und lässt ihn etwas weniger brasilianisch aussehen. Tiago Coelho Branco Calvano - so heißt der Defensivspieler mit vollem Namen - besitzt beide Staatsangehörigkeiten. Sein Vater ist italienischer Herkunft, die Familie floh aus den Wirren des zweiten Weltkriegs über den Atlantik nach Südamerika.

Am 19. Mai 1981 kam sein Sohn dort auf die Welt, vier Jahre später schenkte der Vater ihm den ersten Fußball. "Das ist in Brasilien wohl das meistgemachte Geschenk für Kinder", sagt Tiago, der fortan mit den Freunden stets zum Kicken ging. Auf der Straße, auf dem Bolzplatz oder einfach am Strand. Eine Massenbewegung in dem armen Land, viele Jungs träumen von der großen Fußball-Karriere. Tiago ist einer von denen, die es geschafft haben und jetzt mit dem Fußball Geld verdienen können. Vielleicht hat ihm dabei auch sein italienisches Blut geholfen. Denn von Zuckerhut-Zauberer und Dribbel-Wunder ist er weit entfernt. Vielmehr gilt der 1,88-m-Mann als robuste zentrale Absicherung - in Innenverteidigung oder defensivem Mittelfeld. "Angefangen habe ich als Mittelfeldspieler, bin dann aber wegen meiner Größe früh in die Abwehrreihe gewechselt."

Vor acht Jahren gelang ihm der Sprung von Botafogo nach Europa, passenderweise zum AC Perugia in die italienische Seria A. Ein Jahr später wechselte er in die Reserve des FC Barcelona, absolvierte mit den "Großen" einige Testspiele, kam aber in den zwei Jahren an Stars wie Carles Puyol oder Denilson nicht vorbei. Immerhin hat er das Training auf höchstem Niveau genossen: "In der zweiten Mannschaft haben wir alles genauso gemacht wie die Erste." Es folgten drei Jahren beim Schweizer Erstligisten Young Boys Bern sowie zwei Jahre beim MSV Duisburg. Doch dort kam Tiago insgesamt nur auf 30 Spiele, war sieben Monate mit einem Achillessehnenriss ausgefallen. Vergangene Saison spielte er zwar 27 Mal, aber der Vertrag lief aus. Die Fortuna kam dann gerade recht: "Ich war mit meiner Familie in Brasilien im Urlaub, hatte einige Angebote aus der Türkei, und dann aus Düsseldorf", sagt der 29-Jährige, der noch in Mülheim an der Ruhr lebt. Der dreijährigen Tochter Julia wollten die Eltern keinen großen Kultur-Wechsel zumuten. In zwei Tagen war deshalb alles klar, kurz darauf saß er im Mannschaftsbus der Fortuna in Richtung Bitburg. In der Sportschule ist er mit Mittelfeldspieler Claus Costa auf einem Zimmer, dort macht er im Trainingslager nun die Saisonvorbereitung mit. Zunächst bei brasilianischem Wetter, mittlerweile bei feucht-kühler Eifel-Atmosphäre. Aber das schreckt weder seine brasilianische noch seine italienische Seele. "Zum Trainieren ist es doch viel besser, wenn es nicht so heiß ist."