Der Siegeswille von Kenan Sahin
Für die Fans ist der türkische Stürmer ein Rotes Tuch. Von seiner Art können die Spielers seines Ex-Klubs dennoch etwas lernen.
Düsseldorf. Auch in Berlin kam wieder das ungeschriebene Gesetz zum Tragen, wer bei Fortuna ausgemustert wurde, trifft gegen...genau: die Fortuna. Kenan Sahin mittlerweile in Diensten des Zweitliga-Mitaufsteigers Union Berlin liefert den jüngsten Beweis. Als er mit seinem abgefälschten Schuss in der 77. Minute die Niederlage der Düsseldorfer in Berlin besiegelt, rennt der 24-jährige Türke zu den Union-Fans zieht sich das Trikot über den Kopf und genießt den Jubel. "Gegen den Ex-Verein zu treffen, ist immer schön", sagt Sahin nach dem Spiel und grinst. Zuvor musste er 66 Minuten auf der Ersatzbank schmoren. "Damit ist man natürlich nie zufrieden."
Von dort sieht und hört Sahin auch, wie sein ehemaliger Mannschaftskollege Olivier Caillas von den Berlinern bei jeder Ballberührung ausgepfiffen wird. Der Linksfuß war nach dem letzten Kräftemessen der beiden Klubs in der dritten Liga beschuldigt worden, den Berliner Younga Mouhani rassistisch beleidigt zu haben. Als Sahin schließlich den Rasen betritt, haben auch die 1800 Fortuna-Fans ihren Buhmann gefunden und skandieren: "Du warst zu schlecht für uns."
Das ist genau die Motivation, die Sahin braucht. Auch wenn er nach dem Spiel beteuert: "Was die Fans singen, geht da rein und da raus." Er zeigt nacheinander auf seine Ohren. Doch so ganz nimmt ihm das an diesem Mittag keiner ab. Als Fortuna-Urgestein Alex Spengler den Neu-Berliner kurz tätschelt, ruft Sahin: "Ich hab dir doch gesagt, ich hau euch einen rein."
Ob er denn nach seinem unrühmlichen Abschied in Düsseldorf noch Kontakt ins Rheinland halte? "Ja, zu Hamza Cakir und Marco Christ habe ich noch Kontakt, wir haben aber vor dem Spiel keine Wetten abgeschlossen. Ich wette nicht."
Hamza Cakir versichert zwar, es sei ihm letztlich egal, wer das entscheidende Tor geschossen habe, aber sein Gesichtsausdruck verrät etwas anderes. Womit der Kreis zum ungeschriebenen Fortuna-Gesetz geschlossen wäre. Er habe aber keine Ressentiments gegen den Ex-Klub sagt Sahin, auch wenn die Fortuna-Anhänger ihn beim Rückspiel wieder auspfeifen werden. "Das haben sie schon getan, als ich noch in Düsseldorf spielte. Das geht mir am Hintern vorbei", sagt er.
Wolf Werner war zwar sauer auf Sahin: "Kenan hat doch schon beim Warmmachen die Fortuna-Fans provoziert." Aber Fortunas Geschäftsführer bewunderte den Berliner Torschützen auch: "Als er auf dem Platz war, brannte er bis zur letzten Sekunde und wollte es unbedingt wissen."
Von diesem Siegeswillen können sich die Spieler von Fortuna sicherlich etwas abschauen. Sie haben zwar im Stadion an der Alten Försterei kämpferisch dagegen gehalten. Aber der letzte Biss und diese absolute Überzeugung, dieses Spiel gewinnen zu wollen, fehlte. Die Chancen war vorhanden, das Tor wurde aber nicht erzwungen. Und dann kommt so ein Ex-Fortune...