Italienische Machtprobe: Spielerstreik in Serie A
Rom (dpa) - „Basta!“ Italiens Fußballer streiken. Wie zuvor schon in Spanien ruht nun auch zum Saisonauftakt in der Serie A der Ball.
Nicht wegen nicht gezahlter Spielergehälter wie in der Primera Division, sondern wegen zweier Lappalien im neuen Lizenzspielervertrag, einer Menge Eitelkeiten und vielen Streithähnen, die nach einem wochenlangen Konfrontationskurs unfähig zum Kompromiss waren. Die „Tifosi“ sind wütend, Fußballverbandschef Giancarlo Abete „zutiefst enttäuscht“, NOK-Chef Gianni Petrucci aufgebracht und die Politik alarmiert.
„Das ist der ungewöhnlichste Streik in der Geschichte des Landes“, sagte Italiens Sport-Staatssekretär Rocco Crimi. Erst hatte die Spielergewerkschaft (AIC) offiziell ihren lange angedrohten Streik ausgerufen, dann sagte der Fußballverband (FIGC) den ersten Spieltag ab. Alle Appelle waren verhallt. „Streikt nicht!“, hatte die „Gazzetta dello Sport“ noch am Freitag im Namen der Fans gefleht und der wohl auch um seine Werbeeinnahmen fürchtende Pay-TV-Sender Sky hatte die Spieler gemahnt: „Verratet eure Tifosi nicht!“
Die Fronten aber sind derart verhärtet, dass Verbandschef Abete nun zurecht sogar einen längeren Streik befürchtet. Bis zum zweiten Spieltag am 10. September bleiben zwei Wochen, um die Gemüter abzukühlen. Dazwischen muss Nationaltrainer Cesare Prandelli mit seinen „Azzurri“ zwei EM-Qualifikationsspiel mit Spielern ohne Liga-Spielpraxis bestreiten.
Viel schlimmer aber ist der von Petrucci beklagte Imageschaden für den italienischen Sport. Er warf den Kontrahenten „Unfähigkeit“ und „Egoismus“ vor. Vor allem der Tonfall der immer mehr zur Schlammschlacht verkommenden Auseinandersetzung sei „inakzeptabel“, betonte Staatssekretär Crimi.
Mitten in der dramatischen Finanzkrise schauen die Italiener fast angewidert auf den Hauptstreitpunkt: Die Vereine verlangen, dass die sonst netto bezahlten Profis eine geplante Solidaritätssteuer in Italien selbst zahlen. Für die Kicker sind das Peanuts, auf die Liga insgesamt käme eine Sondersteuer von über 50 Millionen Euro zu. Die Spieler sagen: Selbstverständlich zahlen wir unsere Steuern, im Lizenzspielervertrag fixieren wollen sie es aber nicht.
„Warum?“, fragt Liga-Präsident Maurizio Beretta. Als Verbandschef Abete der Liga bei seinem letzten Vermittlungsversuch am Donnerstag eine Bürgschaft des Verbands in Höhe von 20 Millionen Euro für nicht steuerliche Spieler anbot, lehnte die Liga trotzdem ab. Auch eine von der AIC am Freitag noch offerierter Übergangsvertrag für ein Jahr, wischte die Liga vom Tisch.
Nebenher geht es auch noch um die Trainingsfrage. Die Clubs wollen ihren Kader in Gruppen aufgeteilt trainieren können. Die Spielergewerkschaft lehnt dies ab, weil sie eine Abschiebung in Ungnade gefallener Spieler befürchtet.
Mit etwas gutem Willen wären beide Fragen lösbar. Die Verhandlungen aber gipfelten in einer Machtprobe. Für die Liga mit ihren sich gegenseitig mit Polemik überbietenden Vereinsfürsten ging es am Ende nur noch ums Prinzip und für die Profi-Gewerkschaft um ihre Glaubwürdigkeit. 2010 hatten sie zweimal Streiks ausgerufen und knickten zweimal ein. Jetzt blieb sie hart.