Verlierer England böse auf FIFA, Russen und Medien
London (dpa) - Demütigung, Schiebung, Verkauf: Das schmähliche Scheitern der englischen WM-Bewerbung für 2018 hat im Fußball- Mutterland für Wut auf Sieger Russland und den Weltverband FIFA gesorgt.
Die englische Presse äußerte sogar Manipulationsvorwürfe, geriet aber selbst ins Zentrum der Kritik.
Einige Exekutivmitglieder des Weltverbandes FIFA hätten ihm erklärt: „Eure Medien haben Euch gekillt“, sagte Bewerbungschef Andy Anson bei einer Pressekonferenz in Zürich. Er wollte das aber nicht als Ausrede für nur zwei von 22 Stimmen im ersten Wahlgang verstanden wissen. England und die für 2022 an Katar gescheiterten USA sollten sich erst wieder bewerben, wenn das Vergabeverfahren geändert werde. „Wenn nur 22 Leute abstimmen, gibt ihnen das zu viel Einfluss“, klagte Anson.
Im Vorfeld der FIFA-Entscheidung hatte die Zeitung „Sunday Times“ zwei Exekutivmitglieder als bestechlich beschuldigt, sie wurden daraufhin suspendiert. Am Wochenanfang hatte die BBC-Sendung „Panorama“ drei weiteren abstimmungsberechtigten Funktionären korruptes Verhalten bei einem Fall aus den 1990er Jahren vorgeworfen.
Das Exekutivmitglied Junji Oruga, der neben dem Engländer Geoff Thompson offenbar als einziger für England stimmte, hatte sich zuvor ähnlich geäußert. „Ich denke, die Berichterstattung der britischen Medien hat die Exekutivmitglieder beeinflusst“, zitierte der „Daily Telegraph“ den Japaner. Anson behauptete gar, FIFA-Präsident Sepp Blatter hätte im Exekutivkomitee an die „teuflischen Medien“ erinnert und bei einer Sitzung am Vorabend der Abstimmung eine Pressemappe mit negativen Artikeln britischer Zeitungen in der FIFA-Regierung herumgehen lassen.
„Laut FIFA war unsere Bewerbung in technischer und kommerzieller Hinsicht die beste, und unser Land liebt Fußball leidenschaftlich, aber das reicht offenbar nicht aus“, sagte der enttäuschte Premierminister David Cameron, der zuvor drei Tage lang in Zürich neben Prinz William und Fußball-Ikone David Beckham unermüdlich für England geworben hatte. Er habe „keine Pläne“, seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin zu gratulieren, sagte Cameron weiter, während Londons Bürgermeister Boris Johnson erklärte, die FIFA könne „in ihrer jetzigen Form nicht überleben“.
Viele britische Zeitungen suggerierten derweil, Englands knapp 18 Millionen Euro teure Bewerbung sei am Ende verraten und verkauft worden. Exekutivmitglieder, die zuvor ihre Stimme zugesagt hätten, hätten ihr Wort am Ende nicht gehalten, deutete auch OK-Chef Anson an. „Die beste Bewerbung hat verloren. „Russlands milliardenschwere Oligarchen und die Öl-Milliardäre aus Katar haben gewonnen“, schrieb der „Daily Mirror“. Die Zeitung „The Guardian“ hatte eine satirische Aufmunterung für Beckham parat: „Kopf hoch, Becks, immerhin ist England nicht im Elfmeterschießen ausgeschieden.“