KFC Uerdingen Die Politik steckt in der Grotenburg-Falle

Niemand will Totengräber der Fan-Träume in Krefeld sein. Doch die Skepsis gegenüber dem KFC ist nach den jüngsten Eskapaden groß. Eine Analyse.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Europapokal war gestern, heute heißt die Sehnsucht beim KFC Uerdingen Dritte Liga. Für das mit Ponomarev-Millionen aufgepimpte Team von Trainer Michael Wiesinger sind Wochen der Wahrheit angebrochen. Bis Ende März dürfte klar sein, ob der derzeit stotternde KFC-Motor genug PS für das Profigeschäft hat. Dazu soll das klamme Krefeld entscheiden, ob es 8,7 Millionen Euro in die marode Grotenburg stecken will, um sie drittligatauglich zu machen. Doch die Politik zögert. Der KFC hat mit einem peinlichen Medienboykott, vor allem aber durch den zweifelhaften Umgang mit Sponsorengeldern mühsam aufgebautes Vertrauen zerstört.

Die Fans sind hin und her gerissen, die Leidenszeit ist lang und bunt. Nach den Eskapaden um den übergewichtigen Spaßvogel Ailton, den schwierigen Bauunternehmer Lakis und undurchsichtige Finanzen schien mit dem Russen Mikhail Ponomarev so etwas wie Ruhe einzukehren. In jedem Fall Zielstrebigkeit. Ponomarevs Engagement bei der Düsseldorfer EG ist zwar nicht gerade als Ruhmesblatt zu bezeichnen, den englischen Traditionsclub AFC Bournemouth begleitete er als Trikotsponsor und Aufsichtsratsmitglied in die Premier League. Ein gutes Geschäft — und nichts anderes ist es für Ponomarev — für alle Beteiligten. Mittlerweile ist Ponomarev auch Mehrheitseigner beim KFC, die Fans sind pragmatisch. Er muss den Club nicht lieben, er soll ihn nach vorne bringen. Dazu gehört eine geeignete Spielstätte.

Ob die Grotenburg rechtzeitig fertig wird, steht in den Sternen. Am Mittwoch soll die Politik über den Rieseninvest entscheiden, doch viele Stadträte sind irritiert. Zunächst bekommt der Klub die Personalie Achenbach nicht professionell gelöst. Mit dem Ex-Kapitän liegt man öffentlichkeitswirksam vor Gericht. Es droht eine peinliche Prozessniederlage. Dann kommt es noch dicker. Querelen in der Jugendabteilungen werden zum offenen Konflikt, weil ehemalige Jugendleiter unter anderem nachweisen, dass für die Jugendabteilung bestimmte Sponsorengelder der städtischen Tochter Wohnstätte von der Klubführung in die abgekoppelte Profi-GmbH umgelenkt werden sollten.

Ponomarev verweigert Stellungnahmen zu den Vorwürfen, als Reaktion auf die kritische Berichterstattung entzieht er der Westdeutschen Zeitung und dem renommierten Sport-Magazin Kicker die Akkreditierung — lapidar via Facebook, eigener Homepage und schneller Mail. Bis heute liegt kein offizielles Schreiben vor. Die Welt Ponomarevs folgt hier ganz simplen Regeln: Wer aus seiner Sicht böse ist, darf nicht mitspielen. In der Welt vor dem KFC-Vorstandszimmer bemüht der Verband deutscher Sportjournalisten, in diesem Fall Sky-Reporter Sebastian Hellmann, derweil einen Anwalt.

Ponomarevs Presseverständnis ist nicht nur juristisch frag- und merkwürdig, sondern auch unwirksam und schädlich für Verein und Standort. Die WZ als Lokalzeitung berichtet weiterhin kritisch, intensiv und gut informiert über den KFC, der Kicker hat sein Engagement bei den Blau-Roten als große Fachzeitschrift vorerst zurückgefahren, überregionale Medien wie der Reviersport greifen die peinliche Provinz-Posse genüsslich auf. Im Tennis nennt man sowas „unforced error“. Doch Ponomarev scheint zufrieden, solange er noch vereinzelte lokale Sprachrohre findet, die sich auf seinem Schoß wohlfühlen.

In dieser Gemengelage soll die Stadt Krefeld nun satte Steuer-Millionen investieren, um eine Spielstätte auf einen professionellen Standard zu bringen, während die Strukturen des Klubs in puncto Kommunikation jeden Bezirksligisten beleidigen würden. Das ist das eine Problem: Das andere sind die explodierten Kosten und der künstliche Druck, den die Verwaltung aufgebaut hat. Die Stadt hätte die Bruchbude Grotenburg bereits vor Jahren anpacken müssen, spätestens aber im Herbst 2017, als deutlich wurde, dass der Aufsteiger wieder durch die Decke gehen könnte. Stattdessen wird erst im Januar nach einer Recherche der WZ deutlich, dass „über eine Millionen“ nötig wird, um Profifußball in Krefeld zu gewährleisten. In Wahrheit sind es nun 8,7 Millionen — und die Zeit drängt.

Für Diskussionen über Alternativen wie ein mobiles Stadion oder gar ein Neubau an einem anderen Standort ist es zu spät, wenn es im Sommer klappen soll. Und in der Politik will verständlicherweise niemand der Totengräber blau-roter Fanträume sein. Mindestens sollte die Politik aber darüber nachdenken, ob der private Verein KFC sich nicht an den Kosten beteiligen muss. Der Aufschrei aller anderen Vereine ist programmiert.

Es wird eine Entscheidung geben, aber mit einem faden Beigeschmack, auch wenn im Falle einer Zustimmung klugerweise ein zeitlicher Puffer für die Umsetzung der Sanierungsarbeiten eingebaut wäre. Der Stadtrat könnte also abwarten, ob der KFC wirklich Richtung Dritte Liga marschiert oder den Anschluss verliert. Das wünscht sich in Krefeld niemand. Es würde auf der anderen Seite mindestens ein Jahr Zeit für eine seriöse Standortentwicklung gewähren. Beide Varianten bieten Chancen, Ende März wissen wir mehr.