Insolvenz droht Vorstandsmitglied des KFC Uerdingen: Aufstieg wäre „schlicht verantwortungslos“

Interview | Krefeld · Bernd Limberg ist kaltgestellt, aber noch im Vorstand des Fußball-Oberligisten KFC Uerdingen. Im Interview mit unserer Redaktion erklärt er, warum er eine Insolvenz für unausweichlich hält und er kritisiert die Strukturen im Verein.

 Viel los in diesen Tagen in der Geschäftsstelle des Fußball-Oberligisten KFC Uerdingen.

Viel los in diesen Tagen in der Geschäftsstelle des Fußball-Oberligisten KFC Uerdingen.

Foto: samla.de

Herr Limberg, Sie sind bis Ende Juni noch Vorstandsmitglied beim KFC, wenn auch nicht mehr operativ tätig. Wie bewerten Sie die jüngeren Vorkommnisse beim KFC?

Bernd Limberg: Nicht mehr operativ tätig bin ich nur, weil ich kommentarlos von den restlichen Vorstandsmitgliedern den Zugang zu Konten und Finanzbuchhaltung entzogen bekommen habe und nicht mehr involviert werde, übrigens mit Duldung des Verwaltungsrates. Dieser Vorgang wurde leider mit allen dem Vorstand nahestehenden Mitarbeitern durchgezogen, die eine andere Meinung über die Fortführung des Vereins haben. Eine kontroverse und zielführende Diskussion ist mit den aktuell handelnden Personen leider nicht möglich.

Es heißt, sie wollten den KFC in eine Insolvenz führen. Weshalb wäre die angezeigt?

Limberg: Niemand will eine Insolvenz unseres Vereins. Aber keiner fragt danach, was wir uns wünschen. Dir Entscheidung darüber basiert auf Fakten, alleine schon deshalb, weil der Vorstand in der persönlichen Haftung steht und sich nicht einer Insolvenzverschleppung schuldig machen darf. Der Verwaltungsrat hat nun zum dritten Mal einen ersten Vorsitzenden installiert, dessen Hintergrund er nicht ausreichend überprüft hat. Auch die mitgebrachten Hauptsponsoren oder Darlehensgeber wurden nicht durchleuchtet. Dadurch ist dem Verein ein sehr hoher finanzieller Schaden entstanden, vom Imageschaden ganz zu schweigen. Unseriöse Planungen von Vorstand und Verwaltungsrat für die laufende Saison und die Lasten des alten Vorstands kommen hinzu. Der Verein gerät so in immer größere Schwierigkeiten.

Also kein Ausweg in Sicht?

Limberg: Es ist kein Geheimnis, dass ich die Notwendigkeit einer Insolvenz bereits vor der Installierung Christian Gummerts geäußert habe. Das ist meine Pflicht als Vorstandsmitglied. Die Verbindlichkeiten wurden durch das neueste Darlehen nochmals erhöht. Vertragsverlängerungen, Sonderzahlungen und höhere Kosten in der Regionalliga belasten uns bei Aufstieg zusätzlich. Dieser Klotz am Bein ist nicht aufzulösen. Alle bekannten Planungen der übrigen Vorstandsmitglieder beruhen auf einem sehr wackeligen Prinzip Hoffnung.

Wie würde es nach einer Insolvenz strategisch weitergehen?

Limberg: Eine Insolvenz führt leider in die Oberliga. In dieser Saison würden wir mit dem Abzug von 9 Punkten bestraft und dann höchstwahrscheinlich den Aufstiegsplatz verpassen. Mit einem 9-Punkte-Abzug in die neue Saison zu gehen, kann nicht das Ziel sein. Wenn der Verein endlich aus dem Hamsterrad des ewigen Existenzzitterns ausbrechen will, muss er erstmal grundlegende Strukturen bekommen. Es existiert noch nicht mal ein Organigramm mit klaren Zuständigkeiten. Der Verein wird im Moment nach Gutsherrenart über Mehrheitsentscheidungen zweier Vorstandsmitglieder und in dieser Folge durch Seilschaften geführt. Der Verein braucht dringend einen lösungsorientierten Ansatz und keinen problemorientierten. Deshalb habe ich gleichzeitig mit mehreren Personen, die alle auf ihr Fach spezialisiert sind, ein Konzept für eine positive Fortführungsprognose im Insolvenzfall und für eine strukturelle Neuordnung des Vereins entwickelt.

Droht den jetzigen Vorstandsmitgliedern bald der Vorwurf der Insolvenzverschleppung?

Limberg: Da ich noch aktuelles Vorstandsmitglied bin, bin ich auch hier in der Pflicht und in der Haftung. Die Insolvenzanmeldung dient auf der persönlichen Ebene auch dem Schutz meiner Familie. Aus diesen Gründen habe ich dem Amtsgericht in der Vorpfingstwoche meine Meinung dazu dargelegt. Die Taktik der agierenden Vorstandsmitglieder, die Mitglieder des Vereins im Unklaren und erstmal den Aufstieg feiern zu lassen, ist für mich nicht tragbar.

Halten Sie den sportlich möglichen Aufstieg in die Regionalliga für angezeigt oder wahnwitzig?

Limberg: Weder noch, er wäre schlicht verantwortungslos. Ein Aufstieg verursacht erstmal enorme Kosten, für die der Verein schlichtweg kein Geld hat. Zu den vorhandenen Verbindlichkeiten kommen eine nicht im Budget eingeplante Aufstiegsprämie für die Mannschaft, es verlängern und erhöhen sich diverse Verträge einiger Angestellter, sogar von Personen, die nicht mehr aktiv für den Verein tätig sind. Die Reisekosten steigen durch Fahrten bis nach Paderborn oder Rödinghausen. Es existieren durch das Chaos der letzten Wochen Verträge mit Personen, mit denen man gar nicht zusammenarbeiten möchte, was nichts an der Gültigkeit dieser Verträge ändert. In dieser Woche wurde geäußert, man plane konservativ mit einem Schnitt von 2000 Zuschauern für die nächste Saison. Gleichzeitig wird gesagt, dass man eine nur kaum konkurrenzfähige Mannschaft für diese Liga stellen kann. Mir fehlt die Phantasie, wie man diese Planung als konservativ bezeichnen kann. Im Übrigen beginnt die neue Saison der Regionalliga bereits Ende Juli und wir haben bis heute keine Kaderplanung. Trainingsbeginn müsste um den 10. bis 15. Juni liegen.

Wären Sie selbst noch bereit, Verantwortung beim KFC zu übernehmen?

Limberg: Natürlich bin ich bereit dazu, sonst wäre ich nicht mehr Vorstandsmitglied. Der Verein muss über allem stehen, niemand ist wichtiger als der Verein. Es dürfen keine Eigeninteressen verfolgt werden. Niemand hat die Weisheit mit Löffeln gefressen, die handelnden Personen müssen sich nicht verstehen, sondern kontrovers diskutieren können und trotzdem konsensfähig sein und diesen Konsens auch nach außen vertreten, ohne beleidigt zu sein. Wir haben unser Angebot nun zum zweiten Mal an die Gremien weitergegeben. Dabei wurde der Eindruck erweckt, dass man den Verwaltungsrat und den Ehrenrat umgarnen müsse, um Gehör zu finden. Dadurch verlieren wir weitere wertvolle Zeit. Und woher man in so einer Situation die Arroganz nimmt, potenziellen Helfern und Geldgebern so vor den Kopf zu stoßen, ist mir nicht verständlich. Dieses Verhalten hat uns viele Sponsoren gekostet und in diese Situation gebracht. Auch unsere Unterstützer benötigen Planungssicherheit und werden ihre Angebote nicht ewig aufrechterhalten. Das Image der „geschlossenen Gesellschaft“ muss beendet werden. Transparenz kann man nicht nur ausrufen, sondern muss sie leben. Ich erlebe das Gegenteil.

Was wäre dafür Ihr Angebot, was Ihr Team, woher kommt dann das Geld?

Limberg: Unser Angebot besteht aus mehreren Säulen. Kurzfristig ist dies im Insolvenzfall die Herstellung einer positiven Fortführungsprognose. Dazu gehört auch die Bereitstellung einer potenten Insolvenzmasse. Neben einer durch verschiedene Personen und Sponsoren abgesicherten, sehr ordentlichen Grundsumme im niedrigen sechsstelligen Bereich, sah unser Konzept auch die finanzielle Beteiligung derer vor, die unsere jetzige Situation zu verantworten haben – den Mitgliedern des Verwaltungsrates. Das halten wir für legitim. Das hilft ihnen auch bei einer Entlastung auf der anstehenden Mitgliederversammlung. Leider scheint dies der einzige Grund für die Ablehnung unseres Konzeptes zu sein. Das finanzielle Konzept wollte man sich ab dem Punkt der Selbstbeteiligung nicht mehr anhören und brach die Vorstellung mit Hinweis auf die fortgeschrittene Zeit ab.

Die Wahl fiel stattdessen auf den neuen Vorsitzenden Gummert, der heute in U-Haft sitzt.

Limberg: Ohne sportliches und strukturelles Konzept, der außer Bargeld nichts einzubringen hatte. Vier Wochen weiter stehen wir jetzt vor einem Scherbenhaufen. Nach der Abwendung der Insolvenz würde dann die Neustrukturierung des Vereins anstehen. Der Verein braucht klare Zuordnungen und klare Ressorts. Mit Personen, die die notwendige Fachkompetenz mitbringen, klare Vorgaben erstellen und für deren Umsetzung sorgen. Wichtig sind Menschen, die mit Engagement und Herzblut arbeiten und den Verein nicht als persönliche Bühne ansehen. Im monetären Bereich darf nur das ausgegeben werden, was reinkommt, wir müssen in die Lage kommen, Rücklagen zu bilden. Eine Konsolidierung des Vereins in der Oberliga ist alternativlos, auch wenn man dann die Ansprüche für ein paar Jahre zurückschrauben muss.

Und Ihr sportliches Konzept?

Limberg: Es braucht Kompetenz, angepasst an die Liga und nicht an Ansprüche aus der Vergangenheit. Die Spieler müssen die vielen Fans und das tolle Stadion als Benefit ansehen und brauchen nicht zusätzlich mit überdurchschnittlichen Gehältern angelockt werden. Mit sportlicher Kompetenz kann man auch eine konkurrenzfähige Mannschaft zusammenstellen, die nicht überdurchschnittlich verdient. Hier würde uns ein absolut kompetentes Team aus mehreren Leuten zur Seite stehen, die sich in der Oberliga mehr als auskennen und auch in kurzer Zeit einen Kader zusammenstellen können. Die Namen liegen dem Verwaltungsrat vor. Der KFC braucht eine bessere Kommunikation mit der Stadt und Unterstützung aus der Politik, die wir ebenfalls mit mehreren Personen abdecken können. Die Öffentlichkeitsarbeit muss dringend koordiniert werden. Es ist mir absolut unverständlich, warum man einen Pressesprecher vorgestellt hat und dann seine Fähigkeiten nicht nutzt und stattdessen eigene, katastrophale Pressemitteilungen herausgibt, die bei der Öffentlichkeit mehr Fragen aufwerfen als Antworten geben.

Wer sind die wichtigen Personen, die man beim KFC mehr einbinden müsste?

Limberg: Es ist jeder wichtig, dem der Verein am Herzen liegt. Wir müssen ein richtiger Verein werden, der sich selber tragen kann und in dem so etwas wie ein Vereinsleben herrscht. Das geht nur, wenn alle zusammenstehen, der Verein volksnah ist und alle das gleiche Ziel verfolgen, nämlich endlich einen gesunden Verein zu haben, der sich trägt und nicht mehr für endlose Skandale steht.
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