Nationalmannschaft Das sagt Löw zur Blamage gegen Nordmazedonien

Duisburg · Die DFB-Elf geht wieder mit einem „richtigen Rückschlag“ in eine längere Pause. Bundestrainer Löw warnt, dem Team keine gute EM zuzutrauen. Bei der Zusammenstellung des Kaders weicht er bei aus.

Redebedarf: Bundestrainer Joachim Löw steht nach der Blamage gegen Nordmazedonien Rede und Antwort. Foto: Federico Gambarini/dpa

Fragen an Bundestrainer Joachim Löw in der Pressekonferenz nach dem 1:2 der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation gegen Nordmazedonien am Mittwochabend.

Frage: Wie fällt Ihre erste Einschätzung dieses Abends aus?

Joachim Löw: Auf jeden Fall sind wir riesig enttäuscht nach der bitteren Niederlage. Wir haben nicht so zu unserem Spiel gefunden wie in den ersten beiden Spielen, als wir viele gute Ansätze hatten. Das war ein richtiger Rückschlag. Es gibt Gründe dafür. Wir haben nicht dieses Tempospiel gehabt, nicht diese schnellen Ballpassagen. Wir sind viel mit dem Ball gelaufen. Wir hatten im Vorwärtsgang viele Abspielfehler und haben keine Mittel gefunden gegen die tiefstehenden Mazedonier. Wir sind dann in einige Konter gelaufen und haben bei der Zuordnung im Sechzehner keinen Zugriff gehabt. Bei den Gegentoren waren wir zumindest in Gleichzahl.

Frage: Und dazu kam wieder eine mangelhafte Chancenwertung.

Wir haben in der ersten Halbzeit einige Chancen vorne liegengelassen. Wir hatten auch nach dem 1:1 eine riesige Chance, wo wir Zwei gegen Eins waren mit Ilkay Gündogan und Timo Werner. Ich habe das Gefühl gehabt, dass das so ein bisschen einen Knacks gab für die Mannschaft, dass wir diese Chance ausgelassen haben.

Frage: In die lange Winterpause mussten Sie das 0:6 gegen Spanien mitschleppen. Jetzt gehen Sie wieder in eine zweimonatige Pause mit einem Rückschlag. Was bedeutet das?

Wir gehen zum zweiten Mal in eine längere Pause mit einer bitteren Niederlage, die wir verarbeiten müssen. Aber es ist wichtig, dass jetzt jeder für sich - alle Spieler, natürlich auch die Trainer - Verantwortung übernimmt und sich Gedanken macht, was wir besser machen können. Auf keinen Fall dürfen wir jetzt völlig den Glauben verlieren an die Stärke, die die Mannschaft hat. Auf keinen Fall dürfen wir auch das Gefühl verlieren, dass wir in der Lage sind, ein sehr gutes Turnier zu spielen. Das habe ich eben auch den Spielern gesagt. Es nützt jetzt nichts, irgendwelche Alibis zu suchen. Jeder in der Mannschaft muss sich Gedanken machen, okay, was können wir verbessern. Und dann gehen wir die Dinge in der Vorbereitung an. Und wenn wir etwas Zeit haben, dann werden wir schon auch Konstanz reinbringen und die richtigen Dinge anpacken.

Frage: Sie hatten im Vorfeld gesagt, dass diese drei Länderspiele auch zeigen müssten, was die Mannschaft noch braucht. Konkret gefragt: Braucht Sie jetzt doch Thomas Müller und Mats Hummels bei der EM?

Die Frage ist jetzt heute nicht zu beantworten aufgrund des einen Spiels. Die Frage ist ja auch nicht gestellt worden nach den letzten beiden Spielen. Wir haben gesagt, dass die Entscheidung insgesamt dann im Mai fällt.

Frage: Hatten Sie vielleicht ein Trugbild der Mannschaft vor Augen von der eigenen Leistung nach den beiden Siegen gegen Island und Rumänien?

Nein, nein, das war kein Trugbild. Jeder hat gesehen, dass die Mannschaft in beiden Spielen einige Dinge gut umgesetzt hat. Es gab eine bessere Organisation, es war ein schneller Spielaufbau da. Es war dominant gegen Rumänien und auch gegen Island. Die Ansätze waren gut. Aber es war kein Grund, zufrieden zu sein. Die Basis ist wichtig, dass wir das stabilisieren. Das ist uns heute nicht gelungen. Wir haben keine Lösungen gefunden. Das müssen wir jetzt so hinnehmen und akzeptieren und die richtigen Schlüsse ziehen.

Frage: Wie sehen Ihre Ostertage aus? Werden Sie am Samstag beim Bundesliga-Topspiel Leipzig gegen Bayern sein?

Nein, ich bin eingeplant nächste Woche beim Champions-League-Spiel Bayern gegen Paris Saint-Germain.

Frage: Wir hatten schon oft das Thema Chancenverwertung. Heute hatte man das Gefühl, dass die Spieler fast Angst hatten vor dem Tor. Immer wieder gab es noch einen Querpass im Strafraum. Worauf führen Sie das zurück?

Für die Chancenauswertung unter der Drucksituation des Spiels gibt es kein Patentrezept. Das kann man schon auch trainieren, aber nicht unter diesen Wettkampfbedingungen. Wir waren zu zögerlich im Abschluss, wir haben zu viel klein, klein gespielt. Ich hätte mir gewünscht, dass man aus 16 Metern, aus 18 Metern den Abschluss konsequent sucht. Dass der Timo Werner so eine Großchance vergibt, da macht er sich selbst wahrscheinlich die größten Vorwürfe. In solchen Situationen hat der Timo in der Vergangenheit schon bewiesen, dass er sie auch richtig löst und Tore erzielt. Das wäre das 2:1 für uns gewesen. Das war auf jeden Fall ein Dämpfer. Die Chancenauswertung müssen wir aufzeigen, die müssen wir im Training forcieren.

Frage: Sie müssen am 1. Juni den 23-Mann-Kader für die EM benennen. Die Erkenntnisse der letzten beiden Testspiele gegen Dänemark am 2. Juni und Lettland am 7. Juni können Sie also nicht berücksichtigen. Wie dramatisch sehen Sie das?

Der Termin ist bekannt. Wir müssen mal abwarten, wie viele Spieler am Ende insgesamt nominiert werden können. Es gibt bei der UEFA die Diskussion, dass zwei oder drei Spieler mehr nominiert werden können aufgrund der ganzen Situation (mit Corona). Ich glaube, dass die Entscheidung erst Mitte April fällt. Und dann werden wir den Kader nominieren. Ich denke nicht, dass wir dann mehr Spieler mitnehmen in die Vorbereitung, weil die zwei Spiele danach sind.

Frage: Herr Löw, es ist die letzte Gelegenheit, vor der Nominierung die Frage zu stellen: Wären Müller und Hummels nach den Erkenntnissen dieses Spiels nicht wichtig für diese Mannschaft, die keinen Plan gehabt hat, das Spiel herumzureißen?

Ein Plan war schon vorhanden. Das Spiel herumzureißen hat heute nicht funktioniert. Nochmals meine Antwort: Wir werden uns die nächsten Tage und Wochen intensiv Gedanken machen und alles nochmal überprüfen und dann die Entscheidung treffen, wenn der Kader bekanntgegeben wird. Vorher gilt es für uns, einige Dinge abzuarbeiten und uns Gedanken zu machen.

(dpa)