Chile hofft auf Vidal - Australien setzt auf Glaube
Cuiaba (dpa) - Flug JJ 3638 von Sao Paulo nach Cuiaba war fest in chilenischer Hand. „Chi - Chi - Chi, le - le - le - Viva Chile“, skandierten die Fans vor dem Start und nach der Landung.
Die Partie am Freitag zwischen den Anden-Kickern und Australien versprach schon zwei Tage vor dem Anpfiff in Brasiliens heißester WM-Stadt ein stimmungsvoller Auftakt in die Vorrundengruppe B zu werden. „Australien wird eine harte und schwere Partie“, sagte Torwart Claudio Bravo. Zusätzlich werden Temperaturen von bis zu 35 Grad Celsius beide Teams fordern.
Dennoch ist die Vorfreude auf beiden Seiten groß. Nur Holger Osieck will am liebsten nichts davon wissen. Der deutsche Trainer hatte Australien durch die WM-Qualifikation geführt - und war kurz darauf nach zwei herben 0:6-Testspielpleiten gegen Brasilien und Frankreich vor die Tür gesetzt worden.
Noch immer hat der 65-Jährige diesen Tiefschlag nicht verkraftet und verzichtet sogar auf Spielbeobachtungen für den Weltverband FIFA. „Dieses Mal bin ich nicht dabei aus persönlichen Gründen, weil ich noch etwas Abstand brauche vom Geschehen. Eigentlich wäre ich ja in Brasilien, ich habe mich mit Australien qualifiziert. Dann gab es leider einige Disharmonien im Bereich der Vorbereitung, die dazu geführt haben, dass ich die Mannschaft nicht bei der WM betreuen kann“, sagte Osieck und fügte an: „Ich habe mein Ziel erreicht, ich habe die Mannschaft nach Brasilien gebracht, leider kann ich es nicht vollenden. Mehr möchte ich dazu auch nicht sagen.“
Nun steht sein Nachfolger Angelos „Ange“ Postecoglu im Mittelpunkt. Der 48-Jährige mit griechischen Wurzeln hat Mut bewiesen und ein in weiten Teilen unerfahrenes Team für die Partien in der sogenannten Hammergruppe mit den Favoriten Spanien und Niederlande nominiert. „Glaube an das, was wir in den letzten drei Monaten gelernt haben, an uns selbst und unsere Taktik, die der Boss uns eingetrichtert hat“, nannte Stürmer Tim Cahill die Maxime für sein Team.
Die Socceroos können personell in Bestbesetzung antreten, nachdem Kapitän Mile Jedinak und Mittelfeldspieler Mark Bresciano ihre Blessuren überwunden haben. Anders sieht es dagegen bei den Chilenen aus. Mit bangen Blicken warten die Fans auf das tägliche Bulletin zum Gesundheitszustand von Mittelfeldstar Arturo Vidal. Eine Knieoperation Anfang Mai ist bei dem Leistungsträger von Juventus Turin nicht so zügig wie gewünscht verheilt. Nach einem Kurzeinsatz im letzten WM-Test gegen Nordirland konnte er erneut nicht mit der Mannschaft trainieren, stand am Mittwoch aber wieder mit dem Team auf dem Platz.
Das „Knie der Nation“ rief sogar Staatspräsidentin Michelle Bachalet auf den Plan, die eine rechtzeitige Genesung wünschte und in der Arena Pantanal auf der Tribüne die Daumen drücken will. Hoffnung machte Teamarzt Giovanni Carcuro: „Der Heilungsprozess bei Vidal ist auf einem guten Weg.“ Sollte Vidal im Duell der Gruppen-Außenseiter geschont werden, kommt Alexis Sanchez eine noch größere Bedeutung zu. Er hatte eine starke Saison beim FC Barcelona und geht mit Titelträumen in die WM. „Glaubte ich das nicht, könnte ich auch zu Hause bleiben und fernsehen.“
Emotionale Unterstützung bekommen die „Roja“ von den Überlebenden des Grubenunglücks von 2010. Ein Werbespot für eine chilenische Bank mit den Minenarbeitern steht unter dem Motto: „Nichts ist für einen Chilenen unmöglich.“ Unterlegt von dramatischer Musik stehen sie Arm in Arm in der Atacama-Wüste. Bilder der Rettung vor vier Jahren wechseln sich mit Spielszenen ab.