Ein Derby-Sieg für die WSV-Seele
5:2 gegen Rot-Weiss Essen versöhnt die Fans und begeistert mit tollen Toren.
Wuppertal. Als Derby bezeichnet der Sportfachmann ein Spiel, in dem zwei rivalisierende Vereine einer Region aufeinandertreffen, das für die Fans eine hohe symbolische Bedeutung hat und große Emotionen weckt. Schön, dass solche trockenen Definitionen in der Praxis immer wieder prall mit Leben gefüllt werden. Am Samstag profitierte davon der zuletzt gebeutelte Wuppertaler SV. Beim 5:2 (2:0) im Traditionsduell gegen Rot-Weiss Essen ergriff der WSV die Gelegenheit, einen ersten Schritt zu tun, um seine zuletzt enttäuschte Fangemeinde zurückzugewinnen.
5685 Besucher — davon gut 2000 aus Essen — bedeuteten zwar den schwächsten Besuch bei einem Aufeinandertreffen beider Westrivalen in der jüngeren Vergangenheit, waren aber aufgrund des Fehlstarts des WSV durchaus beachtlich. Ihnen und sich selbst machten die WSV-Spieler deutlich, dass doch mehr in ihnen steckt, als sie bisher geboten hatten.
Von Beginn an war der WSV zwar nicht unbedingt die bessere Mannschaft, aber „die, die unbedingt gewinnen wollte“, formulierte es später ein enttäuschter Essener Trainer Waldemar Wrobel.
Sein Gegenüber Hans-Günter Bruns war in seinem ersten Heimspiel auf der WSV-Bank zudem hohes Risiko eingegangen, als er auf eine Dreier-Abwehrkette umgestellt hatte, die unter Fußballfachleuten als veraltet und anfällig gilt, aber eben auch die Möglichkeit für Überzahl in der Offensive bietet. Das, gepaart mit Aggressivität und einem Schuss Genialität, führte schon nach zwei Minuten zur Führung. Ben Abelski, der von Anfang an eine Chance erhielt und hinter den Spitzen ein gutes Spiel machte, zwang die Essener Abwehr zu einem Querschläger. Den nahm Torjäger Christian Knappmann auf und lupfte den Ball über Torwart Lamczyk hinweg ins lange Eck.
Dieses Traumtor war vor allem für die Fans ein „Brustlöser“ und gab Selbstvertrauen. Nach einer kurzen Schockphase erholte sich Essen allerdings gut und war besonders bei Standards gefährlich. 8:1-Ecken für RWE lautete die Zwischenbilanz, und die WSV-Abwehr vor dem jungen Bastian Sube wirkte nicht immer sattelfest. Doch Sube, der zunächst den ein oder anderen Ball fallenließ, und seine Vorderleute hatten diesmal das Glück der Tüchtigen.
Vorne konnte sich der WSV endlich auf seine langen Kerle bei den Standards verlassen, die noch unter der Woche geübt wurden. Beim 2:1 verlängerte der in die Innenverteidigung zurückgekehrte Kapitän Stefan Lorenz eine Ecke auf Assauer. Beim 3:1, das die Essener Hoffnungen nach dem Anschlusstreffer (Moosmayer hatte nach 48 Minuten gepatzt) gleich wieder im Keim erstickte, fand Rechtsaußen Marcel Landers mit einem Freistoß den Kopf von Thomas Schlieter. Auch das 5:2 durch den eingewechselten Bekim Kastrati resultierte aus einer Ecke.
Und dann war da ja noch Christian Knappmann, der sich nicht nur wie immer vorne in jeden Ball warf, sondern noch einmal knipste. Das 4:1, als er nach einem Querschläger der Essener wieder gedankenschnell reagierte, war schon sein zehntes Saisontor.
„Wir könnten ja jetzt sagen, wir greifen oben an, aber völliger Blödsinn, wir müssen erst sehen, dass wir uns weiter stabilisieren“, versuchte Trainer Bruns Umfeld und Spieler bei aller Freude nachher auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Dort steht aktuell Tabellenplatz 14 zu Buche. Doch natürlich will auch Bruns mehr: „Wir warten mal ab, wie viele Punkte wir im Dezember haben, dann sehen wir weiter.“ Ein Derby wie am Samstag gibt es bis dahin nicht mehr — leider.