Weitsprung-Rivalen Reif und Bayer wollen EM-Titel
Göteborg (dpa) - Christian Reif gegen Sebastian Bayer, deutscher Meister gegen Europameister - und diesmal auch EM-Favorit gegen EM-Favorit:
Wenn die besten deutschen Weitspringer am Wochenende in Göteborg erneut aufeinandertreffen, dann geht es nicht nur um das Prestige und ihre ewige Rivalität, sondern womöglich auch um den Titel. Bei den Hallen-Europameisterschaften der Leichtathleten gehören beide zu den Medaillenanwärtern, Titelverteidiger Bayer könnte sogar als erster Springer zum dritten Mal in Serie bei diesem Wettbewerb gewinnen.
„Ich habe die Chance, Historisches zu schaffen. An diesem Traum halte ich fest“, sagte der 26-Jährige vom Hamburger SV. „Mein Ziel ist es aber erst einmal, eine Medaille zu holen.“
Vor vier Jahren in Turin sprang Bayer mit dem völlig überraschenden Europarekord von 8,71 Metern auf den kontinentalen Thron. 2011 verteidigte er in Paris seinen Titel, seit dem vergangenen Sommer ist der Lebensgefährte von Hürdensprinterin Carolin Nytra dazu noch Freiluft-Europameister.
Bei den deutschen Meisterschaften am vergangenen Samstag verlor er das Duell mit Reif zwar klar, doch den spektakuläreren Auftritt legte trotzdem mal wieder Bayer hin: Erst von Knieproblemen und dann auch noch von einer Grippe gehandicapt, reiste er ohne Wettkampfpraxis nach Dortmund und sprang quasi aus dem Stand 7,97 Meter. Das reichte für die EM-Qualifikation - mehr wollte er an diesem Tag ohnehin nicht erreichen. „Ich hatte zuvor von fünf Wochen nur zwei trainiert, das ist für einen Leistungssportler extrem wenig“, sagte er. „Aber ich bin wieder auf dem richtigen Weg.“ Der Sprung von Dortmund sei für ihn ein Signal gewesen, „in Göteborg richtig anzugreifen“.
Bei der EM anzugreifen, heißt auch Reif zu attackieren, denn der gehört mit seinen 8,06 Metern von Dortmund zu den Top 6 der europäischen Bestenliste. „Alles ist vorbereitet für Göteborg“, meinte der 28-Jährige. „Ich habe schon vor vielen Meisterschaften von einer Medaille geträumt und werde mich diesmal nicht so weit aus dem Fenster lehnen. Aber wenn es so weitergeht, dann werde ich es nicht verhindern können, in den Bereich der Medaillen zu springen.“
Sein Rivale Bayer war bei den vergangenen Großereignissen zwar fast immer erfolgreicher, aber auch Reif weiß genau, wie sich ein internationaler Erfolg anfühlt. 2010 wurde er in Barcelona Freiluft-Europameister. Über die Rivalität der beiden ist seitdem viel gesagt und geschrieben worden. An dem Eindruck, dass sie sich nicht ausstehen können, haben beide auch kräftig mitgewirkt.
Wer sie während des Wettkampfes in Dortmund beobachtete, sah tatsächlich zwei Athleten, die sich aus dem Weg gingen und jeden Blickkontakt vermieden. Mittlerweile sind Reif und Bayer aber soweit, dass sie zwar noch kein gemeinsames Zimmer in Göteborg beziehen, aber doch gelernt haben, die Leistungen des anderen zu respektieren.
„Er ist einer der besten Weitspringer Europas, wenn nicht sogar der Welt“, sagte Reif nach den deutschen Meisterschaften voller Anerkennung über den Olympia-Fünften Bayer. „Mit ihm habe ich in Göteborg einen sehr starken Konkurrenten.“ Vielleicht gibt es bei dieser EM auch eine Premiere: Denn beide gemeinsam auf dem Siegerpodest - das hat es bei einer internationalen Meisterschaft noch nie gegeben.