Olympia an Rhein-Ruhr? DOSB denkt auch an Hamburg und Berlin

Der Vorstoß aus NRW wird akzeptiert, kommt dem DOSB aber zu früh. Vorstand Vesper zweifelt an Kompaktheit.

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Düsseldorf. Die letzte Enttäuschung sitzt nachhaltig in den Knochen. Michael Vesper, Vorstand des DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund), gesteht das bei jeder Gelegenheit freimütig. Hamburgs potenzielle Olympia-Bewerbung für 2024 — das war das Kind des DOSB, von Vesper, von Präsident Alfons Hörmann, auch von Bernhard Schwank, dem damaligen Vorsitzenden der Bewerbungsgesellschaft, der danach frustriert ins NRW-Familienministerium abwanderte. Aber die Bürger waren gegen das Sportfest innerhalb von zehn Kilometern ums Olympische Dorf. 48 Prozent Zustimmung beim Entscheid, zu wenig. „Das schmerzt immer noch“, sagt Vesper.

„Mit diesen Befragungen“, befand am Freitag DOSB-Vizepräsident Walter Schneeloch, der in NRW Präsident des Landessportbundes ist, „hat uns Thomas Bach keinen Gefallen getan.“ Der heutige IOC-Chef Bach hatte als DOSB-Präsident einst für die direkte Bürgerbefragung geworben. Seither ist in Deutschland kaum noch ein Großsportereignis durchzusetzen. Schneeloch hat eine andere Haltung: Die Bürgermeister, die am Freitag in der Düsseldorfer Staatskanzlei allesamt Begeisterung für die Idee „Rhein Ruhr Olympic City“ demonstrierten, seien ja „demokratisch gewählt“. Da brauche es keine Umfragen mehr in der Bevölkerung.

Wird NRW, die Region Rhein-Ruhr also bald im Schnellverfahren zum deutschen Kandidaten für 2032? Mitnichten. Wer die Stimmung im DOSB kennt, der weiß, dass die Fleißarbeit des Kölner Sportmanagers Michael Mronz mit Sponsoren wie Daimler, Deutsche Post, Evonik, RAG-Stiftung und Rheinischer Sparkassen- und Giroverband zwar durchaus beeindruckend ist, aber auch beim DOSB in Frankfurt kritisch beäugt wird. Nach dem Hamburger Olympia-Aus hatte DOSB-Präsident Alfons Hörmann im Dezember 2015 frustriert erklärt, Deutschland werde sich im nächsten Jahrzehnt nicht mehr um Olympische Spiele bewerben. Mit der Rhein-Ruhr-Bewerbung passt das nicht überein: Man würde sehr viel früher ins Rennen gehen, schon 2025 müsste das IOC die Vergabe für 2032 entscheiden. Bis 2021 müsste man mit dem DOSB auf eine fixe Vereinbarung kommen. „Grundsätzlich freuen wir uns natürlich, wenn die olympische Idee hochgehalten wird. Aber für konkrete Pläne ist es sehr früh“, sagte Vesper am Freitag unserer Zeitung. Das Konzept entspreche zwar genau den Vorgaben des IOC, fast nur noch auf bestehende Sportstätten zu setzen. „Aber dadurch ist es eben auch nicht sehr kompakt, anders als in Hamburg“, so Vesper.

Festlegen will sich der DOSB noch lange nicht. Man plant nicht mehr, man lässt bestenfalls planen. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) konnte diese DOSB-Taktik am Freitag durchaus nachvollziehen. Jetzt, sagte Laschet, führen mal andere den Zug, auf den man später aufspringen könne. Früher sei das alles anders abgelaufen. Damals hieß es: wir bewerben uns. Und dann folgte die Frage: mit wem eigentlich?

Erneut dürfe eine Bewerbung nicht in die Hose gehen, sagte Schneeloch am Freitag. Hamburg wird Thema bleiben im Kreise der deutschen Sportfunktionäre, auch wenn der G20-Gipfel vergangenes Wochenende das Gegenteil von Werbung war. Und auch Berlin soll ein Kandidat und ein möglicher Konkurrent sein für die Rhein-Ruhr-Region: „Auch die Hauptstadt wird immer ein Thema bleiben, vor allem wenn man über die Spiele 2036 spricht, hundert Jahre nach Olympia in Berlin 1936“, sagt Vesper, der im Dezember von der Kölner Sportwissenschaftlerin Veronika Rücker (47) beerbt wird. 2036 — vielleicht wird das notwendig, wenn 2028 Paris als europäische Stadt zum Zuge käme. Zweimal nacheinander in Europa — das ist eher unwahrscheinlich.

Dass Vesper 2002 als NRW-Sportminister mit einer Rhein-Ruhr-Bewerbung mit dem Kopf Düsseldorf für 2012 schon einmal auf die Nase gefallen ist, spielt für seine heutige Bewertung keine Rolle mehr. Sagt er. „Vor 15 Jahren habe ich ähnlich wie Ministerpräsident Laschet argumentiert, damals haben wir leider gegen Leipzig verloren. Das war damals eher eine politische Sehnsuchtsentscheidung des Nationalen Olympischen Komitees nach der Wiedervereinigung. Im Nachhinein hat Leipzig nicht einmal die technischen Voraussetzungen erfüllt und ist gar nicht in die Endausscheidung gekommen, die dann London gewonnen hat.“ Das zumindest soll jetzt ganz anders werden. Es wird noch viel Lobby-Arbeit brauchen für die Rhein-Ruhr-Region, eben auch in Sportdeutschland selbst. Auch von ersten positiven Umfragewerten in NRW lässt sich Vesper nicht zum Überschwang hinreißen: Er wolle gar nichts schlecht reden, aber: „In Hamburg hatten in den Umfragen teilweise 70 Prozent für Olympia gestimmt, beim Referendum waren es leider nur 48.“