Radsport: Tour-Sieger Carlos Sastre - Saubermann und Anti-Ikone
Der Spanier vom Team CSC gilt als unbescholten.
Paris. Die Zeit der Enthaltsamkeit ist vorbei. Genüsslich vertilgt Carlos Sastre den Inhalt von mehreren Gummibärchentüten nacheinander. Diät beendet. Er hat Zeit, weil es drei Minuten dauert, ehe auf der Pressekonferenz des Toursiegers die erste Frage gestellt wird. CSC-Teamsprecher Brian Nygaard platzt der Kragen: "Verdammt, wollt ihr jetzt mal eine Frage stellen?"
Sastre kennt das. Der 33 Jahre alte Spanier ist in seiner Heimat ein unbeachteter Fahrer. Alejandro Valverde und Alberto Contador sind umlagerte Ikonen. Der ruhige Sastre ist das nicht. Möglicherweise liegt das daran, dass er als Siegfahrer in elf Profi-Jahren kaum erschienen ist.
"Don Limpio" wird der Madrilene genannt. Herr Saubermann heißt das, weil der 33-Jährige stets offensiv für einen Anti-Doping-Kurs eingetreten ist, von dem offenbar im Land des "dreifachen Sport-Sommermärchens" (Fußball-Europameister, Wimbledonsieg, Tour-Triumph) niemand hören will. Ausgerechnet in Spanien, das seit der "Operation Puerto" als Drehscheibe des europäischen Dopings gilt, soll sich ein "sauberer" Tour-Gewinner entwickelt haben?
Vier Jahre bei Once (1998 bis 2001) unter der Regie von Manolo Saiz, der später eine der Hauptfiguren in der Fuentes-Affäre war, fuhr Sastre. Auch in Anbetracht des Sieges distanzierte sich der 33-Jährige verbal nicht deutlich von seinem ersten Mentor.
Und sieben Jahre unter der Ägide von Bjarne Riis, der im Vorjahr gestanden hatte, bei seinem Tour-Sieg 1996 nachgeholfen zu haben, sind nachfragenswert. "Ich bin ein sauberer Fahrer, es gibt viele saubere Fahrer", erklärt Sastre, bedankte sich und ging. Zweifel bleiben trotzdem.