Springreiter Nagel verpasst Doppel-Gold
Madrid (dpa) - Der Ärger über das verpasste Doppel-Gold war bei der Siegerehrung bereits vergessen: Carsten-Otto Nagel sprang auf das Treppchen, riss die Arme hoch und feierte seine silberne Medaille.
Der 48-Jährige aus Norderstedt verpasste zwar die große Chance, zwei Tage nach dem Sieg mit der Mannschaft auch im Einzel Gold zu gewinnen, doch der Frust war schon bald verflogen. „Freude, Freude“, rief Nagel in der ersten Begeisterung: „Zweimal Vize-Europameister, damit kann ich leben“.
Mit seiner Stute hatte Nagel, mit der er bereits vor zwei Jahren EM-Silber gewonnen hatte, in Madrid in insgesamt fünf Wertungsprüfungen am Ende zwei Fehler. Gold gewann der Schwede Rolf-Göran Bengtsson mit Ninja mit 6,77 Strafpunkten vor Nagel (8,69) und dem Briten Nick Skelton mit Carlo (9,04). „Wir sind ja noch jung“, sagte der 48 Jahre alte Nagel: „Es ist noch Zeit, das schaffen wir noch.“ Sein nächstes Ziel mit der 13-jährigen Stuten sind die Olympischen Spiele in London.
Das Gold lag wie auf dem Silbertablett, doch Nagel griff nicht zu. „Nachher ist man immer schlauer, vielleicht wäre ein Galoppsprung weniger besser für uns gewesen“, sagte er zu seinem Fehler im ersten Durchgang am Oxer, der ihm die Führung und damit das Gold raubte. „Danach war die Stute etwas eingeschüchtert und lief etwas krampfig“, berichtete der Vize-Europameister von 2009. Im zweiten Umlauf hatte er noch einen Abwurf.
„Das ist ärgerlich“, sagte Otto Becker zu dem verpassten Sieg von Nagel: „Aber insgesamt fällt mein Fazit positiv aus.“ Mit Gold und Silber konnte der Coach sein bisher bestes Ergebnis verbuchen. „Das war ein Flüchtigkeitsfehler“, kommentierte Becker den Abwurf von Nagel und Corradina in Runde eins. „Er sprang fast zu hoch, aber nicht weit genug.“
„Es ist nicht einfach, in dieser Topgruppe als Erster einzureiten“, sagte Nagel, der als Führender den Sonntag anging. Der Druck war offensichtlich zu groß. Mit einem Abwurf weniger hätte der routinierte Reiter sein erstes Einzel-Gold gewonnen.
Ein Abwurf mit Gotha in der ersten Runde kostete Ludger Beerbaum die Chance auf eine Aufholjagd, der Routinier aus Riesenbeck war jedoch nicht enttäuscht und belegte Platz acht. „Das Pferd ist insgesamt über den Erwartungen geblieben“, fasste Beerbaum die EM-Woche mit 12,23 Strafpunkten zusammen. „Ich bin gar nicht mal unzufrieden.“ Nachdem seine Stute in den ersten beiden Tagen Fehler am Wassergraben hatte, fand Beerbaum es „erstaunlich, dass sie schon wieder so problemlos Wasser springt“.
Marco Kutscher ritt nach einer fehlerfreien Auftaktrunde am Sonntag im zweiten Umlauf mit einem Abwurf aus dem Parcours und belegte Platz elf. Der bisher letzte Doppel-Europameister, der 2005 triumphierte, zeigte mit seinem erst kurzfristig nominierten Hengst Cornet Obolensky (13,73) eine gute EM-Vorstellung. „Das ist schade“, kommentierte Kutscher seinen letzten Fehler: „Am Ende hat vielleicht ein bisschen die Kraft gefehlt.“
Team-Welt- und Europameisterin Janne-Friederike Meyer war nach zwei Fehlern mit Lambrasco (14,99) im ersten Umlauf noch weiter zurückgefallen. Sie musste sich mit Rang 20 begnügen. „Ich bin nicht fies enttäuscht“, versicherte die Schenefelderin: „Bei uns ist es immer ein bisschen knapp, damit sind wir schon ziemlich weit gekommen.“ Um ihren 13 Jahre alten Wallach zu schonen, verzichtete Meyer auf einen Start in der zweiten Runde.
Nagel und Corradina sind trotz des verpassten Doppel-Goldes die Konstanten im deutschen Team, seit Otto Becker im Januar 2009 als Bundestrainer angefangen hat. Das Paar gewann jedes Mal Medaillen, zunächst Einzel-Silber und Team-Bronze bei der EM 2009 in Windsor sowie ein Jahr später Mannschafts-Gold bei der WM in Lexington/Kentucky.