Scholz vor schweren Aufgaben Der Eiserne Olaf

Berlin (dpa) - Olaf Scholz lacht im Keller. Nach einem Konzert der „Sterne“ in der Hamburger Landesvertretung in Berlin ist Hamburgs Erster Bürgermeister unten im Hansekeller in ein Gespräch mit Frank Spilker vertieft, dem Sänger der Band.

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Pullover statt Anzug. Hier ist die andere Seite von Scholz zu sehen, locker, trockener Humor.

In der Öffentlichkeit jenseits von Hamburg hat sich aber das Bild eines Mannes ohne Emotionen verfestigt. Am Freitag stellt er gewohnt nüchtern, ohne die Miene zu verziehen, im Stile eines Notars die neuen Ministerinnen für das Bundeskabinett vor. Die designierte SPD-Chefin Andrea Nahles präsentiert ihn anschließend als Vizekanzler und Bundesfinanzminister. „Er hat eine große Leidenschaft, gut zu regieren und das ist ihm in Hamburg gut gelungen“, betont Nahles.

Und sie erinnert an seine große Leistung vor der Zeit als Hamburgs Erster Bürgermeister (2011-2018). Als Bundesarbeitsminister rettete er in der Finanzkrise 2008/2009 mit den Kurzarbeitsregelungen rund 1,7 Millionen Jobs. „Olaf Scholz ist ein großer Gewinn für die Bundespolitik“, betont Nahles. Aber auf ihm lastet auch großer Druck.

Er wird als „eiserner Olaf“ nicht nur die Finanzen zusammenhalten müssen, sondern mit Nahles die SPD. Und zeigen, dass sie trotz GroKo aus dem tiefen Tal herauszuholen ist. „Wer bei mir Führung bestellt, muss wissen, dass er sie dann auch bekommt“, sagte Scholz 2009, als er die damals auch am Boden liegende Hamburger SPD übernahm.

Die SPD ist ja nur unter größten Schmerzen in die nun schon dritte große Koalition mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eingetreten. Kann er ihr Paroli bieten? Widersprechen, das Finanzressort zur stärkeren Profilierung nutzen? Oder ist er ein handzahmer Erfüllungsgehilfe für ein Regieren mit ruhiger Hand? „Er ist einer unserer klügsten, aber auch arrogantesten Köpfe“, sagt ein Spitzengenosse über Scholz.

Scholz kann selten verbergen, dass er sich für besser befähigt hält als andere, besonders gegen den zurückgetretenen SPD-Chef Martin Schulz stichelte er. Mit dem richtigen Kanzlerkandidaten seien für die SPD bei Bundestagswahlen auch wieder 30 Prozent drin, glaubt er. Merkel hat großen Respekt vor ihm. Er ist zuverlässig, ein Wort gilt.

Seine Bilanz in Hamburg kann sich sehen lassen. Nebenbei wurde das von CDU-Vorgänger Ole von Beust geerbte Problem der Elbphilharmonie gelöst, zuletzt konnte er noch das Milliardengrab HSH Nordbank abwickeln. Aber ein großer Schatten bleibt, der in Gewalt versunkene G20-Gipfel in Hamburg, mit einer fatalen Fehleinschätzung, dass man die Sicherheit garantieren könne.

Nun wird ihn am 17. März seine erste Auslandsreise als Finanzminister zum nächsten G20-Treffen führen, nach Buenos Aires. Dort treffen sich die Finanzminister der 20 weltweit wichtigsten Wirtschaftsmächte. Dort wird der Handelskonflikt mit den USA sicher ein Thema sein. Auch der Umgang mit den Kryptowährungen wie Bitcoin oder die Steuervermeidung durch Konzerne werden erörtert.

Internationale Branchenriesen wie Amazon oder Google können aktuell nur dort besteuert werden, wo sie ihren Firmensitz haben - obwohl sie auch anderswo aktiv sind und Gewinne machen. Hier härter Regeln durchzusetzen, darin wird ihn auch seine Partei messen, die bisher keine Antwort hat auf den grenzüberschreitenden Kapitalismus 2.0.

Auf EU-Ebene wird die so genannte Bankenunion, also die Regulierung der Geldhäuser, noch für Zündstoff sorgen - und Wähler verunsichern. In Deutschland heftig umstritten ist ein geplantes Sicherungssystem für Sparguthaben. Deutsche Banken befürchten, am Ende könnten sie für in Schieflage geratene Institute in anderen EU-Ländern haften. Und der Bundeshaushalt für das laufende Jahr muss möglichst zügig ausgearbeitet und vom Parlament verabschiedet werden.

Die Union wird von Scholz verlangen, dass er die von Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) geschaffte „Schwarze Null“ verteidigt, also keine neuen Schulden macht. Daran wolle seine Partei festhalten, sagt Scholz im „Spiegel“: „Das gilt auch für uns.“

Diese Haltung wird ihm an der eigenen SPD-Basis aber nicht nur Freunde machen - hier wird die „Schwarze Null“ als Fetisch des politischen Gegners gesehen. Für Scholz und die SPD steht viel auf dem Spiel. Sein Ruf hat zuletzt gelitten. In Hamburg mit absoluter Mehrheit zeitweise zum „König Olaf“ aufgestiegen, liegt die SPD dort jetzt nur noch bei 28 Prozent.