Hintergrund: Baustellen der schwarz-gelben Koalition
Berlin (dpa) - Die Euro-Schuldenkrise hat zu einer schweren Belastung für die Koalition aus CDU, CSU und FDP geführt. Schon wird über einen Bruch des schwarz-gelben Bündnisses spekuliert. Einige Baustellen des Regierungslagers:
EURO-RETTUNGSHILFEN: Ende September stimmt der Bundestag über die Reform des Rettungsfonds EFSF ab. Die schwarz-gelbe Mehrheit wackelt. Danach geht es um Mehrheiten für das zweite Rettungspaket für Griechenland, Ende des Jahres für den künftigen Rettungsschirm ESM.
STEUERN: Im Lichte von Steuerschätzung und Konjunkturprognose sollen im November Pläne für die Steuerentlastungen ab 2013 vorliegen. Der Umfang ist offen. Gerungen wird auch um niedrigere Sozialabgaben. Die Steuervereinfachungen müssen mit den Ländern neu verhandelt, die Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten neu geregelt werden. Die angekündigte Mehrwertsteuer-Reform ist mehr als fraglich.
FINANZEN: Die Regulierung des „Grauen Kapitalmarktes“ ist noch nicht verabschiedet. Die brisante Neuordnung der Bankenaufsicht ist nach wie vor nicht per Gesetz geregelt. Offen ist auch eine EU- oder Euro-weite Finanztransaktionssteuer.
BUNDESWEHR: Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) will im Herbst über die Schließung von Bundeswehr-Standorten entscheiden. Hier ist auch mit Widerstand aus Ländern zu rechnen. Insgesamt sind Sparvorgaben von 8,3 Milliarden Euro umzusetzen.
SICHERHEIT/RECHT: Mietrecht, Beschäftigtendatenschutz oder Sorgerecht leiblicher Väter: Streitpunkte gibt es reichlich. Größter Knackpunkt bleibt die Vorratsdatenspeicherung. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will Internet- und Telefon- Verbindungsdaten nicht anlasslos sechs Monate lang speichern, sondern nur nach einem konkreten Verdacht. Der Union reicht das nicht.
ENDLAGER: Bis Jahresende will Schwarz-Gelb hierzu ein Gesetz vorlegen. Womöglich wird bundesweit nach einem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll gesucht - doch Union und FDP sind sich bisher nicht einig, ob sie vom Salzstock im niedersächsischen Gorleben abrücken wollen. Es dürfte hitzige Bund-Länder-Debatten geben.
PFLEGE: Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, immer mehr Menschen werden dement - die Versorgung der Betroffenen kostet künftig mehr Geld. In der Koalition prallen die Auffassungen über die Finanzierung aufeinander. Während die FDP eine Kapitalsäule über Extrabeiträge der Versicherten will, gibt es in der CSU Pläne, alle Beitragszahler oder auch verstärkt die Steuerzahler zur Kasse zu bitten.
BETREUUNGSGELD: Im Streit zwischen CSU und FDP um das Betreuungsgeld für Eltern, die für ihre Kleinkinder keine Krippe in Anspruch nehmen und sie ausschließlich selbst betreuen, sucht Familienministerin Kristina Schröder (CDU) einen Kompromiss. Doch die CSU will keine Abstriche hinnehmen. Ursprünglich war geplant, ab 2013 diesen Eltern 150 Euro monatlich zu zahlen. Kosten pro Jahr etwa 2 Milliarden Euro.
WAHLRECHT: Mühsam haben sich Union und FDP auf einen gemeinsamen Entwurf für ein neues Wahlgesetz geeinigt. Doch die FDP macht nun wieder Vorbehalte geltend. Sie fürchtet, das neue Wahlrecht könnte nur der Union zu Gute kommen.
PKW-MAUT: Die CSU besteht darauf, ihren Wunsch nach einer Autobahn- Gebühr als Finanzierungsquelle für Straßeninvestitionen zum Thema in der Koalition zu machen. FDP und CDU-Spitze lehnen eine Zusatzabgabe für Autofahrer aber klar ab. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht die Maut nicht als ihr Projekt - ist jedoch bereit, darüber zu sprechen.