Ukrainekonflikt: Haben Gespräche noch eine Chance?

Brüssel/Kiew (dpa) - Nach dem umstrittenen Referendum für eine Abspaltung der Ostukraine will die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die verfeindeten Lager an einem Runden Tisch zusammenbringen.

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Ein „nationaler Dialog“ unter Leitung des früheren deutschen Botschafters Wolfgang Ischinger könne schon diese Woche beginnen, sagte OSZE-Chef Didier Burkhalter am Montag.

Unterstützt wird die Vermittlerrolle der OSZE von Kremlchef Wladimir Putin. Putin und Burkhalter seien sich bei einem Telefongespräch einig gewesen, wie wichtig die Rolle der OSZE bei Lösungsversuchen im Ukrainekonflikt ist, berichtete die Nachrichtenagentur Itar-Tass am Montagabend unter Berufung auf den Kreml. Dies schließe die Förderung eines direkten Dialogs zwischen der Übergangsregierung in Kiew und den Vertretern der Regionen im Südosten des Landes ein.

Die US-Mission bei der Nato teilte unterdessen mit, dass entgegen Ankündigungen aus Moskau weiter russische Truppen in der Nähe der Grenze der Ukraine stationiert seien.

Ob Gespräche an einem Runden Tisch überhaupt zustande kommen, hängt stark von der Regierung in Kiew ab. Die dortige Führung lehnt es bislang ab, mit den größtenteils bewaffneten prorussischen Separatisten direkt zu verhandeln. Die Staatsmacht hat nach eigenen Angaben die Kontrolle über die Region weitgehend verloren. Die selbst ernannte „Volksrepublik Donezk“ bat Moskau um Anschluss an Russland.

Burkhalter sagte zur Frage, ob an dem geplanten Runden Tisch auch Separatisten sitzen sollen, man diskutiere derzeit die Modalitäten. „Ich denke nicht, dass da Leute mit Waffen kommen.“ Ischinger soll das Gremium in einer Doppelspitze leiten, zusammen mit einem noch nicht benannten ukrainischen Vertreter. Der 68 Jahre alte frühere Spitzendiplomat ist Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz.

Die Beratungen des Runden Tisches sollen nach dem OSZE-Plan durch öffentliche Konferenzen (Town Hall Meetings) in verschiedenen ukrainischen Städten ergänzt werden. Hauptthemen wären laut Burkhalter unter anderem eine stärkere Dezentralisierung und ein gesicherter Status der russischen Sprache. Auch Moskau wünscht sich, dass alle Regionen mehr Eigenständigkeit erhalten, mit weitreichender Autonomie besonders für die russisch geprägten Gebiete.

Der Westen betrachtet ebenso wie die Regierung in Kiew die von prorussischen Separatisten organisierten Referenden in den Regionen Donezk und Lugansk als illegal, da es in der Ukraine unter anderem kein Gesetz über lokale Volksabstimmungen gibt.

US-Regierungssprecher Jay Carney sprach von einem „sogenannten Referendum“. Es sei unter ukrainischen Gesetzen illegal und zudem ein „durchsichtiger Versuch, weitere Spaltung und Unruhe zu schaffen“. Washington sei zudem enttäuscht, dass Moskau nicht seinen Einfluss genutzt habe, um die Abstimmung zu verhindern.

Dagegen erklärte Russland, das erst vor kurzem die ukrainische Halbinsel Krim annektiert hatte, es „respektiere“ die Willensbekundung der Bevölkerung der ostukrainischen Regionen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich enttäuscht über diese russische Reaktion. Er habe sich distanziertere Kommentare des Kremls erhofft, sagte der Minister am Montag in Brüssel.

Zugleich warnte Steinmeier bei einer Gesprächsrunde in Düsseldorf vor den Folgen einer Eskalationsspirale gegen Russland. „Ein Wirtschaftskrieg würde vor allem den Westen treffen“, sagte er. Vor seiner Reise in die Ukraine an diesem Dienstag warnte Steinmeier vor einer Aufspaltung des Landes: „Wenn wir jetzt anfangen, Grenzen zu korrigieren in diesem Nachkriegseuropa, das wird kein Ende nehmen.“

Die Europäische Union verhängte 13 neue Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen führende Politiker und Aufständische auf der Krim und im Osten der Ukraine. An der Spitze der nunmehr 61 Personen auf der EU-Sanktionsliste steht Wjatscheslaw Wolodin, erster stellvertretender Stabschef der Präsidialverwaltung Russlands.

Ob und wann harte Wirtschaftssanktionen der Europäischen Union folgen sollen, ist umstritten. Steinmeier sagte, darüber müsse man reden, falls die am 25. Mai in der Ukraine geplante Präsidentenwahl nicht zustande komme.

Russlands Vizeaußenminister Sergej Rjabkow sagte nach Angaben von Itar-Tass am Montag in Wien, die EU-Sanktionen seien „höchst bedauerlich“. „Es ist eine absolut gedankenlose und unverantwortliche Politik, die der Realität in keiner Weise entspricht“, sagte Rjabkow vor Journalisten.

In Lugansk sprachen sich laut der selbst ernannten Wahlkommission knapp 96 Prozent für eine Unabhängigkeit aus - bei einer Wahlbeteiligung von 81 Prozent. In Donezk hieß es, die Zustimmung für eine Selbstständigkeit betrage 89 Prozent. Hier hätten sich knapp 75 Prozent der Abstimmungsberechtigten beteiligt. Die Unruhe-Region Lugansk rief offiziell ihre Unabhängigkeit als „Volksrepublik“ aus. Die Bevölkerung des Gebiets habe klar für einen souveränen Staat gestimmt, hieß es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung.

Nach dem Referendum schlug Kiew scharfe Töne an. Interimspräsident Alexander Turtschinow sagte: „Diese Propaganda-Farce hat keine juristischen Folgen - außer Strafverfahren gegen die Organisatoren.“ Ziel der Initiatoren sei es, die Lage maximal zu destabilisieren, um die Präsidentenwahl in zwei Wochen zu verhindern.