Eurokrise: Ein Wettlauf mit den Börsen

Staats- und Regierungschefs wollen die europäische Währung um jeden Preis verteidigen.

Brüssel. Am Donnerstagabend geht es plötzlich ganz schnell: Die Kurse an der New Yorker Börse schlagen Kapriolen - nicht ursächlich mit der Euro-Krise verbunden, aber doch ein Indiz für hohe Nervosität.

Neben Griechenland geraten zunehmend auch die anderen "PIIGS"-Staaten - Portugal, Irland, Italien und Spanien - ins Visier der Währungsspekulanten: Immer höher steigen die Zinsen, die die Länder zahlen müssen, um Kredite aufzunehmen.

Für die EU ist die Zeit des Zauderns endgültig vorbei: Freitagnacht haben die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder in Brüssel alle Hände voll zu tun, den Zockern Paroli zu bieten - und sie brauchen ein Ergebnis bis Montag früh. Denn dann beginnt an den Börsen in Tokio und Hongkong wieder der Handel.

Noch vor dem Abendessen trifft sich Angela Merkel mit Nicolas Sarkozy und EU-Zentralbankchef Jean-Claude Trichet zum Dreiergespräch. Ein, zwei Stunden nach Beginn der Verhandlungen sickern erste Informationen durch: Eine Grafik der spanischen Delegation macht die Runde, die das ganze Ausmaß der Spekulantenangriffe aufs Papier bringt. Diplomaten, umringt von Journalisten, gewähren mit leiser Stimme ein wenig Einblick.

Nach Mitternacht tritt Frankreichs Staatspräsident vors Mikrophon. Nicolas Sarkozy gibt sich ernst. "Was wir beschlossen haben, ist die Generalmobilmachung!" Dies sei "die Stunde der Wahrheit" für die Gemeinschaftswährung, verkündet der Franzose. "Wenn die Märkte am Montag öffnen, wird Europa bereit sein, den Euro zu verteidigen."

Als der Präsident vom Pult zurücktritt, hat Angela Merkel bereits den Hinterausgang genommen. Die Bundeskanzlerin hat zwei Tage vor der wichtigen NRW-Wahl wenig Lust auf Mikrophone. Und während sich das Ratsgebäude langsam leert und die Staatskarossen zum Flughafen rollen, beginnt in der Europäischen Kommission ein äußerst arbeitsreiches Wochenende, das in einer Sondersitzung der EU-Finanzminister am Sonntag gipfelt.

Dabei hatte es eigentlich gemütlich und volksnah zugehen sollen: Am 8. Mai - Europatag - öffnen die EU-Institutionen traditionell die Pforten für die Bürger. So steht am Sonntag, als die Finanzminister kommen, das Foyer noch voller Schautafeln. Darauf ist viel Nützliches über die EU zu lesen. Nur nicht, wie man den Euro rettet.