Ferdinand Piëch sorgt für Eklat im Aufsichtsrat von VW

VW-Patriarch Ferdinand Piëch stimmte in der Aufsichtsratssitzung des Konzerns nicht für Porsche. Jetzt muss sich Porsche in Zukunft alle Geschäfte mit Audi vom VW-Aufsichtsrat genehmigen lassen.

Stuttgart/Wolfsburg. Der Machtkampf bei VW wird zum Machtkampf im Familienclan Porsche/Piëch. Es geht um knallharte Interessen innerhalb der Inhaberfamilien.

Nachdem die Nadelstiche des VW-Patriarchen Ferdinand Piëch in den vergangenen Wochen immer heftiger geworden waren, kam es am Freitag bei der VW- Aufsichtsratssitzung in Wolfsburg zum Eklat: Der 71-Jährige stimmte bei einem Antrag nicht für den Stuttgarter Sportwagenbauer und stellte sich damit an die Seite von VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh - den erklärten und erbitterten Gegner von Porsche bei dem Übernahmekampf.

Mit dieser bewussten Provokation torpedierte der machtbewusste und als skrupelloser Taktiker bekannte Manager nicht nur die Strategie bei der Zusammenführung der beiden Autobauer. Er lies auch seinen Cousin Wolfgang Porsche im Regen stehen und unterhöhlte dessen Stellung in der Familie.

Der Sohn des Porsche-Gründers Ferry Porsche galt bis zu diesem Freitag eigentlich als Anführer des Familien-Clans und geschickter Verhandler sowie Moderator im Hintergrund. Von dem Husarenstreich seines Cousins soll der Vorsitzende des Porsche- Aufsichtsrates jedoch völlig überrascht worden sein.

Bei der Suche nach Gründen herrschte kurz nach der für Porsche verhängnisvollen Sitzung zunächst Ratlosigkeit. Vor wenigen Wochen hatten die beiden ungleichen Manager noch unisono erklärt, dass zwischen sie kein Blatt passe und die Interessen der Familien über allen Streitigkeiten stehen, die bei der geplanten Mehrheitsübernahme des Sportwagenbauers bei VW angefallen sind.

Spätestens als jedoch vor wenigen Tagen Meldungen die Runde machten, der VW-Aufsichtsrat wolle den erfolgreichen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking absetzen, war der Vertrauensbruch innerhalb der Familie deutlich zu spüren.

Als Grund für seine Degradierungspläne soll Patriarch Piëch erklärt haben, dass Wiedeking seit dem Einstieg Porsches beim VW- Konzern aus den befreundeten Unternehmen fast schon Feinde gemacht habe.

Unklar ist, ob innerhalb der Familie nun eine ähnliche Gemengelage entstanden ist. Hinter verschlossenen Türen werden nun aber deutliche Worten fallen, hieß es jedoch am Freitagnachmittag aus Aufsichtsratskreisen.

Wann diese Aussprache kommen wird, ist jedoch noch unklar. In der Aufsichtsratssitzung hatte es keine Chance zum Streitgespräch gegeben: Piëch fehlte und hatte seine Stimmrechte an seinen Stellvertreter, Ex-IG-Metall-Chef Jürgen Peters, delegiert - einen Vertrauten von VW-Betriebsratschef Osterloh. Dass dieser in den Putsch-Plan eingeweiht wurde, ist nicht unwahrscheinlich.

Bislang war der wortgewaltige Arbeitnehmervertreter dafür bekannt, jede Regung von Porsche publikumswirksam zu kommentieren. Am Freitag kam kein Wort des gelernte Industriekaufmanns öffentlich über die Lippen. Bei dem verabschiedeten Antrag geht es darum, dass alle Geschäfte, die Porsche mit Audi macht, vom VW-Aufsichtsrat genehmigt werden müssen.

Bei VW gibt es unter anderem Befürchtungen, dass Porsche wegen möglicher Überschneidungen Einfluss auf die Modellpolitik beim Konkurrenten, der erfolgreichen VW-Tochter Audi nehmen könnte.

Wie es in dem Übernahmekampf weitergehen wird, ist nach dem Eklat mehr als offen. Neben dem Familienstreit ist die Zukunft des VW- Gesetzes weiter unklar. Obwohl die EU-Kommission die in dem Gesetz verankerten Sonderregelungen für Volkswagen als nicht mit dem Wettbewerbsrecht vereinbar ansieht und die Bundesregierung verklagen will, hält Niedersachsen Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) unbeirrt daran fest.

Die Mühlen der Justiz werden noch eine Weile in dieser Sache malen und dann klären, ob die 20-prozentige Sperrminorität, die dem Land laut Gesetz bei wichtigen Entscheidungen ein Vetorecht einräumt, beibehalten werden kann.

Nicht ganz so lange wird es dagegen dauern, bis Porsche sein erstes großes Etappenziel in dem monatelangen Übernahmekampf erreicht hat. Es wird damit gerechnet, dass sich die Stuttgarter die sogenannte faktische Mehrheit von 36 Prozent bei VW noch im Laufe des Septembers gesichert haben werden. Voraussichtlich bis zum November will Porsche dann bei VW seine Anteile auf über 50 Prozent ausbauen. Abzuwarten bleibt, wer dann am Steuer des künftigen Großkonzerns sitzen wird.