Milliarden für Fannie und Freddie

Die Rettung der Baufinanzierer hat alle erleichtert. Die Finanzkrise ist aber nicht beendet.

Frankfurt/NewYork. Die Börsen haben weltweit euphorisch auf die dramatische Rettungsaktion der US-Regierung für die zwei größten amerikanischen Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac reagiert. An den Aktienmärkten waren gestern vor allem Bankentitel gefragt. Die am Sonntag verkündete staatliche Übernahme der Kontrolle der zwei schwer angeschlagenen US-Institute werteten Anleger als wichtigen Schritt zur Lösung der Kreditkrise. Das bedeute aber noch längst kein Ende der Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten, warnten Experten.

Der wichtigste deutsche Aktienindex Dax kletterte zeitweilig um über drei Prozent auf rund 6330 Punkte. Ähnlich kräftig stiegen andere europäische Börsen. In den USA startete der weltweite Leitindex Dow-Jones mit einem Plus von über zwei Prozent auf knapp 11 480 Punkte. Den Auftakt hatten am Morgen die Märkte in Asien gemacht mit zum Teil höchsten Gewinnen seit Jahresbeginn.

Die Hypotheken-Riesen Fannie und Freddie stehen mit einem Volumen von rund fünf Billionen Dollar (rund 3,5 Billionen Euro) hinter etwa jedem zweiten US-Hauskredit. Banken weltweit halten Schuldpapiere der Institute. Wegen ihrer dramatischen Schieflage entschloss sich der Staat zu einer der größten Rettungsaktionen dieser Art in der US-Geschichte. Experten sprechen von einer faktischen Verstaatlichung.

US-Finanzminister Henry Paulson hatte am Sonntag gesagt, ein Ausfall einer der Banken hätte an den Finanzmärkten weltweit massive Turbulenzen zur Folge gehabt. Für eine Wende auf dem Immobilienmarkt komme Fannie und Freddie überragende Bedeutung zu.

Experten in den USA und Deutschland nannten den Schritt zumeist "das kleinere von zwei Übeln". Für den Präsidenten des DIW-Instituts, Klaus Zimmermann, wird mit der Rettungsaktion die Finanzkrise in den USA nicht beendet. "Kaum zu glauben, dass mit dieser Aktion der Spuk der Finanzkrise für die amerikanische Wirtschaft endgültig vorbei ist", sagte der dem "Tagesspiegel".

Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Norbert Walter verglich die Rettungsaktion der US-Regierung mit der Bereitstellung eines Schlauchboots. Wenn man sich die Finanzkrise als Schiffbruch auf hoher See vorstelle, "dann sitzen wir seit Sonntag im Schlauchboot", sagte er. Eine endgültige Rettung sei das nicht: "Es dauert noch mehrere Jahre, bis der Baufinanzierungsmarkt in den USA wieder auf festen Beinen steht".

Völlig offen ist noch, wie teuer für den US-Steuerzahler die Aktion wird, die einer Art Insolvenzverwaltung mit staatlichem Einspringen gleicht. Auch das endgültige Schicksal der Institute ist ungeklärt. Sie sollen ihr Geschäft zunächst drastisch herunterfahren. Über die weitere Zukunft müssen voraussichtlich der Kongress und nach der Wahl die neue US-Regierung entscheiden.

Die einst vom Staat ins Leben gerufenen Institute sollten den Hauskauf für möglichst viele US-Bürger erleichtern. Sie stiegen zwar relativ spät, dann aber stark ins Geschäft mit immer weniger besicherten Hypotheken ein. Seit Beginn der Kreditkrise vor über einem Jahr kann eine Rekordzahl von Hausbesitzern ihre Kredite nicht mehr bedienen, die Hauspreise brachen vielerorts zusammen, zahlreiche Häuser mussten zwangsverkauft werden. Banken mussten aufgeben.

Der Staat hält Fannie und Freddie vorerst mit mehreren enormen Finanzspritzen am Leben und gewinnt damit Zeit. So versprach Paulson den Kauf von Vorzugsaktien für jeweils bis zu 100 Milliarden Dollar sowie kurzfristige Kredite. Der Staat erwirbt zudem Schuldpapiere der beiden Finanzierer.