Firmenrettung: Die Stunde der Wahrheit bei Opel
Am Mittwoch jagt ein Krisengipfel den nächsten. Die Bundesregierung will eine Rangliste der Investoren festlegen.
Berlin. Eine Klasse kleiner für den Fiat-Chef: Anfang Mai war Sergio Marchionne noch im Maserati, dem Luxuswagen des Fiat-Konzerns, bei Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vorgefahren. Dienstag rollt der Italiener im schlichten Fiat Croma zu einem Gespräch über den Einstieg bei Opel zum Kanzleramt. Doch der Wagen ist nicht alles, was heute anders ist: Längst gilt Marchionne nicht mehr als Favorit für einen Einstieg beim angeschlagenen Autobauer Opel. Der kanadisch-österreichische Zulieferer Magna hat Fiat überholt.
SPD-Fraktionschef Peter Struck sagt, Magna habe das "realistischere und beste Konzept". Guttenberg gibt sich diplomatischer. Er will sich vor dem vorentscheidenden Spitzentreffen heute in Berlin nicht in die Karten schauen lassen. Nach Marchionnes Besuch sagt er, die Italiener hätten "kein schlechtes Konzept" vorgelegt. "Aber es sind Nachbesserungen notwendig." Dies gelte aber auch für Magna. Der US-Finanzinvestor Ripplewood, dem dritten Bieter im Bunde, war zuletzt ins Hintertreffen geraten. Denn schließlich wollen die Finanzspezialisten die Opel-Konzernmutter GM am Ruder lassen - und diese Taktik war bislang wenig erfolgreich.
Die Gemengelage um Opel ist höchst komplex - dementsprechend umfangreich sind die Gespräche: Dem Vernehmen nach treffen sich zunächst die zuständigen Bundesminister, um ihre Positionen abzuklopfen. Am Abend beraten die Kanzlerin, Bundesminister, Ministerpräsidenten, das US-Finanzministerium und Vertreter der Opel-Mutter GM. Dabei sollen die Manager der drei Opel-Interessenten Fiat, Magna und Ripplewood nacheinander in den Raum gebeten werden.
Die Nacht könnte lang werden, denn die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, "bis zur Wochenmitte" alle Interessen unter einen Hut zu bekommen und eine Entscheidung zu erreichen. Allerdings ist kaum mit einem klaren Votum für einen der Investoren rechnen, sondern eher mit einer Rangfolge. Denn Berlin hat nicht das letzte Wort, das haben GM und die US-Regierung.
Zudem geht es nicht nur um eine Vorentscheidung zu einem Investor. Wenn Opel die kommenden Monate trotz der drohenden GM-Insolvenz überleben soll, müssen die Firmenwerte schnell aus dem Mutter-Konzern gerettet und in eine Treuhandgesellschaft übertragen werden. Es gilt, die USA von den Vorteilen dieses Konstrukts zu überzeugen, obwohl kein Cent als Gegenwert über den Teich transferiert werden soll.