Lehman-Pleite: Anleger wollen Geld zurück

Die ersten Klagen auf Schadenersatz haben deutsche Gerichte erreicht.

Frankfurt. In der Finanzkrise haben Anlegeranwälte Konjunktur. Im Stundentakt führe er Gespräche mit Lehman-Opfern, berichtet etwa der Wiesbadener Anwalt Ralf Plück von der Kanzlei Doerr und Partner. Schon wenige Wochen nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers haben die ersten Klagen deutsche Gerichte erreicht, in einem Fall aus Frankfurt wird in dieser Woche erstmals verhandelt.

Die Beschwerden der Anleger über ihre Berater sind immer die gleichen. Nie seien sie über das Risiko eines Totalverlusts aufgeklärt worden, höchstens die Zinsen hätten mal für ein Jahr ausfallen sollen und von Provisionen für die verkaufende Bank sei auch nie die Rede gewesen. "Die Leute fühlen sich betrogen", sagt der Frankfurter Rechtsanwalt Matthias Schröder, der mehr als 200 Geschädigte vertritt und nun eine erste Klage fertig hat.

Gut die Hälfte von Schröders Mandanten sind Kunden der Frankfurter Sparkasse 1822, deren Berater offenbar besonders fleißig im Verkauf der nun wertlosen Lehman-Papiere waren. Eine Rückabwicklung der 5000 Geschäfte hat das öffentlich-rechtliche Institut bislang abgelehnt und lässt es auf Prozesse ankommen. Andere große Verkäufer waren nach Darstellung mehrerer Anwälte die Hamburger Sparkasse, die Citi-Bank und die Dresdner Bank.

Die Verbraucherschützer haben zuvor gebetsmühlenartig vor den hohen Risiken der Zertifikate gewarnt. Deren Herausgeber können nicht nur wie Lehman in die Pleite gehen, sondern auch die Wetten zum Kursverlauf auf den St.Nimmerleinstag verlängern oder innerhalb eines Tages kündigen, wie jüngst bei Volkswagen-Zertifikaten von Goldman Sachs geschehen. "Das sind halt keine Bundesschatzbriefe", sagt der Finanzexperte der Verbraucherzentrale NRW, Thomas Bieler.

Fast immer finden sich Haken wie die eintägige Kündigungsfrist im Kleingedruckten der Verkaufsprospekte, bestätigt der Tübinger Anwalt Andreas Tilp. Er hält wenig von der Argumentation der Falschberatung, da mit Pleiten der Emittenten immer zu rechnen sei. Vielversprechender sei ein Blick auf die Provisionen, die Lehman an die Verkäufer seiner Papiere zahlte. Wenn diese Zahlungen dem Kunden nicht offengelegt wurden, habe dieser sich laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshof kein objektives Urteil bilden können. Gleichwohl will Tilp zunächst versuchen, sich mit den ausgebenden Banken außergerichtlich zu einigen.

Sein Kollege Plück kann ähnliche Argumente schon am Freitag vor dem Landgericht Frankfurt anbringen, wo er ein älteres Ehepaar vertritt. Die Eheleute hatten schon vor neun Monaten Klage eingereicht, um ihr 12000 Euro schweres Lehman-Geschäft bei der Frankfurter Sparkasse rückgängig zu machen.

Mit ihrem Alter von 73 und 76 Jahren sind die nunmehr bundesweit beachteten Kläger leider nur allzu typisch, erzählt Anwalt Schröder, der unter seinen Mandanten in diesen Angelegenheiten nur einen unter 40 Jahren hat. "Den Leuten wurde gesagt, dass sie zu alt sind, um noch von Aktien zu profitieren." Verbraucherschützer Bieler sieht noch einen anderen Grund: "Die alten Leute sind beliebte Opfer, weil sie den Banken und ihren Beratern noch vertrauen." Diese aber wollten nur noch verkaufen - um jeden Preis.