Opel: Von der Heuschrecke GM ausgesaugt

Mitarbeiter und Politiker vergleichen den US-Autoriesen General Motors mit einem Finanzinvestor, der über den Autobaer Opel hergefallen sei. Opel will nun unabhängiger werden.

Rüsselsheim. Fast 80 Jahre gehört die Traditionsmarke Opelnun schon zum US-Autoriesen General Motors - doch noch nie war dieMutter in Rüsselsheim so verhasst wie heute. Seit Jahren leidet Opelunter dem Missmanagement der Amerikaner und musste zuletzt Verluste derMutter übernehmen. Doch nun wird GM zur echten Gefahr und könnte Opelmit in den Abgrund reißen. Aus Sorge vor einer Pleite von GM sieht Opelnur noch einen Ausweg: Den Ruf nach dem Staat.

Als erster deutscher Autobauer wird Opel an diesem Montag mitBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über eine Bürgschaft von rund einerMilliarde Euro verhandeln. Wie ernst die Lage wirklich ist, lassen dieOpel-Manager offen - das verstärkt in Wahlkampfzeiten den Druck auf diePolitik. Opel mit seinen knapp 25 700 Beschäftigten hat ein gewaltigesProblem und muss für sich selbst sorgen. Experten raten zurUnabhängigkeit.

„Die einzelnen GM-Marken wird es in vielen Jahren noch geben - aber obes das Unternehmen GM in dieser Form noch geben wird, ist die Frage“,sagt Experte Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft. Schon voreiner Woche hatte GM-Chef Rick Wagoner vor einer Pleite seines Konzernsbis Mitte 2009 gewarnt.

Mitarbeiter und Politiker vergleichen GM miteinem Finanzinvestor, der über Opel hergefallen sei. „Es ist einSkandal, dass GM als „miese Heuschrecke“ durch Missmanagement allein inHessen 50 000 Arbeitsplätze inklusive Zulieferer bedroht“, schreibt derFDP-Landesvorsitzende, Jörg-Uwe Hahn.

Die Opelaner fühlen sich schlecht behandelt: Im dritten Quartal hatteGM einen Teil seiner Verluste zu Opel verschoben, so dass dasEuropageschäft ein Minus von 780 Millionen Euro ausweisen musste.Kosten für die Opel-Schwester Saab und die gutlaufende Marke Chevroletwurden überproportional in Europa verbucht.

Dabei war Opel zuletzt derHoffnungsträger für GM: Nach der Sanierung mit dem Abbau von 9000Stellen war GM Europa seit 2006 wieder profitabel.

Wenn sich der Mutterkonzern in den USA nun unter Gläubigerschutz nachKapitel elf des Insolvenzrechts flüchtet, muss er sich für einige Zeitnicht mehr um seine Schulden kümmern. Darunter würde auch Opel leiden,denn GM schuldet seiner Tochter mehrere Milliarden Euro - vor allem fürEntwicklungsleistungen, die in Deutschland erbracht werden. Dieses Geldwäre verloren.

Ausgerechnet das Internationale Technische Entwicklungszentrum (ITZ),das der ganze Stolz der Rüsselsheimer ist, wird in der Krise zumProblem. Dort tüfteln rund 6000 gutbezahlte Ingenieure an der Zukunftdes Konzerns und entwicklen neue Modelle. Die Plattform für vieleGM-Wagen kommt aus Rüsselsheim. Das aktuell größte Prestigeprojekt desKonzerns, das Elektroauto Volt, wurde vom deutschen GM-TopingenieurFrank Weber entwickelt.

Der Betriebsrat fürchtet, dass der Konzern dem ITZ Aufträge abnimmt undin die USA verlagert, um in der Krise seine Heimatwerke auszulasten.„Wir müssen von GM unabhängig werden und für 2009 das Geld für dasInvestitionsprogramm in neue Produkte selbst cash auf der Hand haben“,fordert der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz. Die Bürgschaftwürde helfen, ein Investitionsprogramm von neun Milliarden Euro bis2012 zu verwirklichen, bei dem Opel 20 neue Modelle entwickeln will.

Vor allem sorgen sich die Arbeitnehmervertreter, dass mögliche Hilfenvom deutschen Staat in die USA abfließen könnten. Das verlangteSparprogramm von 750 Millionen Euro für Opel stößt daher in großenTeilen auf Ablehnung. „Wir werden keinen Cent generieren, damit GMweiterhin Cash verbrennt“, sagen die Betriebsräte. Eine Nullrunde fürdie Mitarbeiter werde es nicht geben.

Viele Arbeitnehmer wünschen sich, dass GM seine Tochter in dieUnabhängigkeit entlässt. „Ein Verkauf wäre die beste Lösung“, sagt auchder Autoexperte des Bankhauses Metzler, Jürgen Pieper. GM Europa mitOpel hätte dann trotz der seit Jahren verlustreichen Marke Saab bessereÜberlebenschancen. Zwar leidet Opel seit Jahren unter seinem Image,doch die Autos sind deutlich besser als ihr Ruf. In einer Woche kommtder in Rüsselsheim gebaute neue Mittelklassewagen Insignia alsHoffnungsträger in die Autohäuser.

Für GM böte es den Vorteil, dass man mit Hilfe von Investoren nocheinige Milliarden einnehmen könnte. „Das wäre zu schön, um wahr zusein“, seufzt ein Betriebsratsmitglied. Doch dieser Weg wäre wegen dervielfältigen Verflechtungen schwierig und GM ist auf sein Europa-Standbein inklusive Entwicklungszentrum angewiesen. „GM und Opel sindeine Company“, unterstreicht ein Opel-Sprecher. Alles andere seiSpekulation.