Rheinoper: Die Imagination bleibt auf der Strecke
Etwas peinlicher „Zigeunerbaron“: Im Theater Duisburg inszenierte Chris Alexander für die Rheinoper "Der Zigeunerbaron" von Johann Strauß und ließ jedes Detail realitätsgetreu deuten .
Duisburg. In der Pause muss man Luft schnappen. Zu übermächtig sind die riesigen rosa Plastikschweine, die Schweinehirt Kálman Zsupán liebevoll tätschelt, zu schulmeisterlich muten die Moritaten-Rollbilder an, die die letzte Schlacht des Paschas illustrieren und sich einmal mehr als perfekte Imaginationskiller erweisen. Im Theater Duisburg inszenierte Chris Alexander für die Rheinoper "Der Zigeunerbaron" von Johann Strauß und ließ jedes Detail realitätsgetreu deuten (Bühne: Marina Hellmann). Nach der Pause kommt es noch arger: Graf Homonay rollt auf hohem Plastikross herein, um für den Kriegsdienst in Spanien zu werben, und zwei Deko-Störche begleiten das Liebes-Duett von Barinkay und der schönen Saffi. Optisch erschlägt die Ausstattung, die Personenregie bleibt statisch: Nahezu unbewegt posiert der Chor (solide einstudiert von Christoph Kurig) als buntes Zigeunervölkchen, Schmiedegesellen oder Husaren auf der Bühne. Und mancher Regie-Einfall erschließt sich auch nach einigem Nachdenken nicht: Warum wohl schwebt die schöne Saffi (Publikumsliebling Morenike Fadayomi mit hübsch timbriertem, nur in der Höhe recht gepresstem Sopran) "Dschingrah" singend im Mond zur Erde? Und warum rollen Zsupans Tochter Arsena und Ottokar, den sie eigentlich liebt, in hohen Kegeln, Heuhaufen gleich, über die Bühne? Dafür lockern die Tanzszenen (Choreografie: Jacqueline Davenport) die Spielszenen auf: Der Pas de deux in Vogelkostümen zum "Wer uns getraut" ist eine der netteren Ideen. Dass Chris Alexander die ursprüngliche Textfassung von Ignaz Schnitzer wählt, birgt weitere Risiken und Peinlichkeiten. Allzu sehr werden hier die habsburgisch-österreichischen Kriegssiege verherrlicht, da hilft es auch nicht, den Schmiedechor "Ja das Eisen wird gefüge" neben Schwertern auch Pfannen und anderes Küchengeschirr schmieden zu lassen. Und selbst die aus dem Krieg Heimkehrenden, der Gefallene im Sarg oder die Humpelnden mit Augenklappe, fallen nicht in die Kategorie "satirische Überzeichnung".Kann die Musik die Aufführung retten? Dirigent Stefan Klingele jagt die Duisburger Philharmoniker durch die Partitur, verleitet nur selten zu dynamischen Feinheiten oder lyrischem Spiel. Die Sängerinnen und Sänger haben ihre Mühe, sich gegen das donnernde Orchester durchzusetzen. Wolfgang Schmidt als Zigeunerbaron Barinkay forciert seine Stimme, Csilla Zentai als alte Zigeunerin Czipra macht daher zunehmende Heiserkeit zu schaffen. Thorsten Grümbel als Schweinezüchter pariert die Orchesterdominanz mit Volumen im Fortissimo. Arsena (Netta Or) und Ottokar (Martin Koch) finden im Duett zu klangvollem Gesang. Fazit: Eine Aufführung, die durch eine bessere Balance zwischen Schwung und Gelassenheit noch gewinnen kann.
2 ½ Stunden, eine Pause, Auff.: 1., 3. und 5. April, Karten unter Tel. 0203/940 77 77.