Uraufführung "Kommt ein Mann zur Welt" im Düsseldorfer Schauspielhaus: Ich und die Stimmen in mir

Das Düsseldorfer Schauspielhaus ist mit Martin Heckmanns’ „Kommt ein Mann zur Welt“ erfolgreich.

Düsseldorf. "Und wer bist du so?", fragt harmlos das Mädchen bei der ersten knisternden Begegnung. Die Frage stürzt Bruno in Verzweiflung, denn über seine Identität ist sich der Held von Martin Heckmanns Stück gar nicht im Klaren. Stimmen in seinem Kopf plagen ihn mit Zweifeln und Forderungen. "Kommt ein Mann zur Welt" ist das gelungene Auftragswerk des Düsseldorfer Schauspielhauses zum Spielzeitthema "Ich und Ich". Der junge, erfolgreiche Dramatiker, 1971 in Mönchengladbach geboren, stellt in seinem Stück das Problem der Identität greifbar, klug und unterhaltsam vor.

Bruno Benjamin Raffael Stamm kommt als Kind einer zu sehr liebenden Mutter und eines Möchtegern-Künstler-Vaters zur Welt. Er tritt ganz in dessen Fußstapfen. Auch er wird gequält um sich kreisen, einen Hit als Schlagersänger landen, dann, von Krise zu Krise stolpernd, selbst wieder Vater eines nur mäßig erwünschten Sohnes werden. Martin Heckmanns mischt raffiniert Familienszenen mit philosophischen Reflexionen, emotionale Tiefenbohrungen mit ironischen Kommentaren.

Denn Bruno ist nie allein. Seine Eltern und andere Bezugspersonen schwirren als Stimmen in seinem Kopf herum - und sie sind auf der Bühne präsent als Mitspieler oder Beobachter. Ich ist nicht nur ein Anderer, sondern viele Andere. Der junge Regisseur Rafael Sanchez packte Heckmanns’ Stück bei seinem Witz und setzte es mit viel Spielfreude um. Die Bühne im Kleinen Haus gleicht auf den ersten Blick einem Gebrauchtmöbellager: Simeon Meier hat säuberlich Sitzgruppen und Tische verteilt, einer ist samt Stühlen so hoch, dass Bruno mit baumelnden Beinen dahinter fast verschwindet.

So macht man Bekanntschaft mit Bruno - und seinem Darsteller Markus Scheumann, der mit großer Intensität und verblüffender Wandlungsfähigkeit besticht. Als Kind schon philosophiert er wie ein Erwachsener: "Ich war schon längst erfunden/Als ich mich erstmals aussprach." Die Mutter ist entzückt von ihrem begabten Kind (Esther Hausmann verleiht ihren Rollen mütterliche Wärme), während der Vater (Winfried Küppers stets mit einem Touch Spießertum) kommentiert: "Etwas altklug vielleicht".

Schmollend sitzt Bruno in beginnender Pubertät vor dem Kuchen mit zwölf Kerzchen, während Onkel und Tante an ihm herumtätscheln und -knuffen; die üblichen körperlichen Übergriffe werden satirisch überzogen. Erst erotische Frustrationen inspirieren ihn zum Liedermachen: "Nun will ich auch nicht länger leben/Verhasst ist mir des Tages Licht/Denn sie hat ihm den Kuss gegeben/Mir aber nicht "

Der Autor scheint seinen Helden als Künstler nicht besonders ernst zu nehmen! Sanchez setzt noch einen drauf, lässt Bruno mit einem Gummi-Haifisch eine absurde Performance vorführen. Da gibt es viel Klamauk, zumal der Regisseur generell auf körperliche Aktionen setzt, wilde Slapsticknummern erfindet, die von den Darstellern, vor allem von Scheumann und seinen Mitspielern Daniel Nerlich und Ilja Niederkirchner (als Kumpel, Polizisten, u.a.) mit bewundernswerter Fitness ausgeführt werden.