Seniorentheater-Plattform NRW: Von Spätblühern und Herbstzeitmimen

Netzwerk: In Gelsenkirchen wurde die Seniorentheater-Plattform NRW gegründet.

Gelsenkirchen. Sie heißen Spätblüte, Herbstzeitmimen, Immergrün oder Rostschutz und ihre Mitglieder sind durchweg im Rentenalter. Die Namen bezeichnen Seniorentheater, die derzeit als Speersitze der geriatrischen Avantgarde eine erstaunliche Aufmerksamkeit erfahren. Auch wenn viele Gruppen seit Jahren tätig sind, hat doch erst die Debatte um den demographischen Wandel ihre Existenz in den Fokus gerückt. Und wie immer, wenn heterogene Interessengemeinschaften an die Öffentlichkeit treten, stellt sich die Frage nach einer schlagkräftigen Organisation.

Am Consol Theater in Gelsenkirchen wurde am Wochenende die Seniorentheater-Plattform NRW ins Leben gerufen. Sie ist ein Kind des Kultursekretariats NRW und der Stadt Gelsenkirchen und soll als Kontakt- und Informationsbörse für Leiter, Spieler, aber auch Interessierte von Altenensembles dienen. Darüber hinaus wird sie regelmäßig Qualifizierungs-Maßnahmen anbieten, deren Themen von "Alter und Stimme" bis Managementfragen reichen.

Schließlich werden viermal im Jahr Gruppen zu Gastspielen nach Gelsenkirchen eingeladen. Leiterin der Plattform wird Can Milena Rastovic sein, die bisher als Kulturmanagerin vor allem im interkulturellen Bereich gearbeitet hat. Ihr obliegt es, die Interessen der etwa 20 bis 30 regelmäßig spielenden Altenensembles in NRW, der 2001 als Interessenverband gegründeten Seniorentheaterkonferenz und von Stadttheatern wie Essen, Dortmund oder Moers, die zunehmend Altenprojekte anbieten, zu bündeln.

Das Seniorentheater hat sich in den späten 1970er Jahren aus der Sozialarbeit entwickelt und oszilliert deshalb bis heute zwischen Kultur und Sozialem. Nur wenige Gruppen wie z.B. das Düsseldorfer SeTA Theater greifen dabei auf Dramen der Weltliteratur zurück. Die meisten Altentheater entwickeln ihre Stücke aus den biographischen Erfahrungen ihrer Mitglieder. Das zeigten exemplarisch die Auftritte des Kölner Freien Werkstatt Theaters und des Theater Rauhreif in Gelsenkirchen. Dieses Spannungsverhältnis spielte bei der anschließenden Podiumsdiskussion eine Rolle. So hob Caroline Kühnl von der Seniorentheaterkonferenz die Notwendigkeit von Qualitätskriterien hervor, während Christian Esch, Leiter des Kultursekretariats NRW, die Kultur nicht als Reparaturbetrieb des Sozialen verstanden wissen wollte. Ratlos war man angesichts der in Rente gehenden älteren Migrantengeneration.