Hochspannung: Das Baby steht auf
Dokumentation: Thomas Balmès beobachtet vier Kinder in ihren Welten.
Die vier Hauptdarsteller sind so überzeugend, dass der Regisseur auf Dialoge und Text völlig verzichten konnte. Ein Skript hätte ohnehin nichts genutzt, denn Hattie, Mari, Bayar und Ponijao können weder lesen noch verständliche Sätze von sich geben. Der französische Dokumentarfilmer Thomas Balmès hat Babys von der Geburt bis zu ihren ersten Schritten mit der Kamera begleitet. Die Eltern sind allenfalls Nebendarsteller, die nie lange zu sehen sind.
Der dreifache Vater Balmès, der zuvor Filme über UN-Soldaten in Bosnien und den Rinderwahnsinn in Indien drehte, war zwei Jahre mit seinem Team unterwegs. 400 Stunden Baby-Material musste Balmès am Ende auf 79 Minuten kürzen, dennoch lässt er den Babys und den Zuschauern Zeit.
Der Mongolenjunge Bayar lebt mit seinen Eltern, einem Bruder und einer großen Herde von Rindern und Ziegen in einsamer Abgeschiedenheit. Gelassen schaut er zu, wie ein Ziegenbock aus der Wanne trinkt, in der er badet.
Ponijao in Namibia ist nie alleine. Ihr Leben spielt sich vor der Hütte an der Seite von Mutter, Geschwistern und Dorffrauen ab. In Tokio verwöhnen Maris Eltern ihr erstes Kind, Tiere sieht die kleine Japanerin nur im Zoo. Einzelkind Hattie wächst bei seinen Akademiker-Eltern im kalifornischen Oakland auf. Vater Frazer besucht mit ihr einen Baby-Yoga-Kurs, vor dem Gesang der versammelten Eltern nimmt sie auf wackligen Beinen Reißaus.
Hier sollen weder die unterschiedlichen Lebenswelten verglichen noch ein Niedlichkeits-Wettbewerb ausgetragen werden. Der Film drehe sich nicht nur um Babys, sagte Balmès . "Es geht um menschliche Wesen, die ihre Welt erleben." Und das kann so spannend sein wie ein Abenteuerfilm. Wenn ein Baby zum ersten Mal aufsteht, dann wolle man als Zuschauer vor Begeisterung applaudieren, sagt der Filmemacher. "Das ist der ultimative ,Indiana Jones’-Moment. Jeder freut sich total, auch wenn es einfach nur ein Baby ist, das aufrecht steht".
Wertung: 4 von 5 Punkten