Chinesische Kunstausstellung in Essen China 8: Kritik kommt ohne Holzhammer aus

„China 8“ zeigt 500 Werke von 120 chinesischen Künstlern — in acht Städten und neun Museen. Unumstritten ist die Schau nicht.

Foto: Huang Min

Düsseldorf/Essen/Duisburg. Wer sich das komplette Programm geben will, braucht viel Zeit und auch mehr Geld, als der Eintritt in ein Museum üblicherweise kostet. Die Zeit ist notwendig, um sich die 500 Werke von gut 120 chinesischen Künstlern anzuschauen, die von Freitag an in acht Städten und neun Museen in Nordrhein-Westfalen zu sehen sind. Das Geld ist in den begleitenden Katalog bestens investiert — ohne die knapp 500 Seiten wird mancher Besucher ziemlich schnell die Übersicht verlieren.

Foto: Zeng Fanzhi

Das liegt zum einen an der schieren Menge der Künstler, die bis Ende September unter dem Titel „China 8“ zu sehen sind — und zum anderen an deren Namen, die westlichen Zeitgenossen nicht immer leicht von den Lippen gehen. Im Katalog sind sie alle beisammen, fein säuberlich sortiert nach den Museen, in denen ihre Werke ausgestellt sind. Den Katalog sollte man freilich zuhause durchackern, mit mehr als vier Kilo Gewicht taugt das sehens- und lesenswerte Trumm kaum fürs Handgepäck.

Foto: Zeng Fanzhi
"China 8" Ausstellung: Zeitgenössische chinesische Kunst in NRW
23 Bilder

"China 8" Ausstellung: Zeitgenössische chinesische Kunst in NRW

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Das ist auch bei den angereisten Künstlern nicht unbedingt klein ausgefallen, besonders die Vertreter der Video- und Installationskunst hatten viel zu transportieren. Auf 27 Monitoren präsentiert etwa Zhang Peili (Jahrgang 1957) im Skulpturenmuseum Marl seine Arbeit „Mute 2“. Jeder der Monitore zeigt arbeitende Näherinnen in chinesischen Textilfabriken — acht Stunden lang flackern die Aufnahmen aus echten Überwachungsvideos ohne Unterlass, dann beginnen sie von vorn.

Zhang gilt als einer der wichtigsten Gegenwartskünstler Chinas und als Pionier der Videokunst in dem Riesenreich. Seit den 80er Jahren provoziert er die Führung in Peking mit seinen Arbeiten, dennoch erhielt er 2000 den ersten Lehrstuhl für Videokunst in China. Kritik — an monotonen Arbeitsbedingungen in Fabriken — kann man bis heute aus seinen Werken herauslesen. „Sie kommt eben nicht mit dem Holzhammer“, sagt Georg Elben, Direktor im Marler Glaskasten.

„China 8“ war zuvor selbst in die Schusslinie geraten. Manche werfen den Ausstellungsmachern vor, bei der Auswahl der Künstler aus China auf allzu kritische Geister verzichtet zu haben und daher eher auf Masse denn auf Klasse zu setzen. Kritik, die Walter Smerling zurückweist. Der Direktor des Museums Küppersmühle in Duisburg und Vordenker von „China 8“ betont, dass seine Planungen zu keiner Zeit behindert worden seien. „Wen wir zu unserer Ausstellung eingeladen haben, der durfte von chinesischer Seite auch ausreisen.“ Das gelte selbst für Ai Weiwei (Jg. 1957), den wohl bekanntesten chinesischen Künstler und Dissidenten. Ai habe aber ohne Begründung abgesagt.

Dass es nicht nur zur Not ohne ihn geht, zeigen die anderen Künstler und Museen. Die Häuser haben die Gattungen untereinander aufgeteilt. Skulpturen sind vor allem im Duisburger Lehmbruck Museum zu sehen, Malerei in der benachbarten Küppersmühle und der Kunsthalle Recklinghausen, in Mülheim und Hagen sind es Videos und Installationen, in Marl gesellen sich zu den Videos noch Soundinstallationen, zeitgenössische Fotografie wird im Essener Folkwang gezeigt, um Tusche und Kalligrafie geht es im Kunstmuseum Gelsenkirchen.

Bleibt noch das Düsseldorfer NRW-Forum. „Overview“, also Überblick, heißt die dortige Ausstellung. Werke von 35 der insgesamt 120 Künstler sind dort zu sehen — aber anders als in den Ruhrgebietsmuseen mit jeweils nur einem Werk. Gewissermaßen als Appetithäppchen für einen Ausflug in den Ruhrpott. Wer etwa die Fotoarbeiten Chen Weis (Jg. 1980) in Düsseldorf sieht, kann sich auf ein Wiedersehen in Essen freuen. Wer im Ehrenhof vor Huang Mins (Jg. 1975) monumental geklotztem Ölgemälde steht, wird verwundert auf ihre poetischen Aquarelle in Hagen blicken.