Die Holbein-Madonna und der Markt für Alte Meister

Köln (dpa) - Ein deutscher Fabrikant zahlt dem Vernehmen nach 60 Millionen Euro für ein Gemälde - und die Fachwelt spricht von einem „Schnäppchen“. Es gilt als sicher, dass die „Schutzmantelmadonna“ von Hans Holbein einen noch viel höheren Preis hätte erzielen können, wenn sie auf dem internationalen Markt angeboten worden wäre.

Dem kalifornischen Getty-Museum soll sie 120 Millionen Dollar wert gewesen sein. Als nationales Kulturgut durfte das Bild jedoch nicht ausgeführt werden. „Das ist ein Glücksfall, ein absoluter Glücksfall“, jubelt Henrik Hanstein, Inhaber des Auktionshauses Lempertz in Köln. Der neue Eigentümer Reinhold Würth wolle das Werk schließlich in der Johanniterhalle in Schwäbisch Hall ausstellen. „Er hätte ja auch sagen können: "Ich häng das in mein Wohnzimmer" - so wie der Baseler Bürgermeister Jakob Meyer.“ Der hatte das Gemälde 1526 in Auftrag gegeben.

Dass ein Bild wie dieses - ein absolutes Spitzenwerk - zum Verkauf steht, ist die große Ausnahme auf dem Markt für Alte Meister. Denn dessen wesentliches Kennzeichen ist, dass er immer weiter schrumpft. Es kommt nichts mehr nach - bis auf die eine oder andere Entdeckung vom Dachboden, aber häufig ist das nicht. Und alles was sich die Museen sichern, wird dem Markt sowieso für immer entzogen.

„Das Getty-Museum hat ja unerschöpfliche Geldmittel, aber kann dieses Geld nicht unterbringen“, sagt Hanstein. Eine Sammlung wie die Alte Pinakothek in München oder die Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden lässt sich auch mit x Milliarden Euro nicht zusammenkaufen - die Bilder sind einfach schon weg. Die bayerischen und sächsischen Kurfürsten und Könige haben eben ein paar hundert Jahre eher mit dem Sammeln angefangen.

Aus diesem Grund ist der Markt für Alte Meister auch keinen großen Konjunkturschwankungen ausgesetzt. Für richtig gute Sachen gibt es immer Abnehmer - auch in der Krise, zumal dann ja Aktien weniger gefragt sind und nach anderen Anlageformen gesucht wird. Umgekehrt hat der Markt seit dem Ende der Krise nur leicht angezogen. „Er ist ziemlich stabil“, erläutert der Altmeister-Experte des Londoner Auktionshauses Sotheby's, George Gordon, der dpa. „Ich habe nicht den Eindruck, dass wir einen Zustrom von Neureichen erleben, die Alte Meister kaufen und dabei nicht wissen, was sie tun.“ Die Käufer informieren sich umfassend. Was überteuert ist, „bleibt liegen“, sagt Hanstein.

Auf lange Sicht gilt alte Kunst als sehr sichere Kapitalanlage. Das einzige Risiko sind Abschreibungen, das heißt, ein Werk, das einem großen Meister zugeordnet wurde, stellt sich als Schülerwerk heraus und verliert dadurch an Wert.

Wenn es in den vergangenen Jahren auf dem Markt einen Trend gab, dann aber den, dass man eher auf die besten Werke weniger bekannter Namen setzt als auf die etwas schwächeren Werke der ganz großen Meister. Spitzenqualität, egal von wem sie kommt - das ist es, was gesucht wird. Und was Spitzenqualität ist, lässt sich bei der alten Kunst eben viel leichter sagen als bei der modernen. Generationen von Kunsthistorikern haben da vorgesiebt. Hinterher ist man immer schlauer.