Fotokunst: Kunst kommt von Kopieren

Das Kölner Museum Ludwig zeigt 250 Objekte von den Pionieren des Genres bis zu den Größen der Gegenwart.

<strong>Köln. Als vor wenigen Monaten eine Fotoarbeit von Andreas Gursky für unglaubliche 2,5 Millionen Euro den Besitzer wechselte, war sozusagen ein fotohistorischer Moment gekommen. Nie zuvor hatte ein Lichtbild im boomenden Kunsthandel einen höheren Preis erzielt. Abseits von Markt und Moden weist jetzt das Kölner Museum Ludwig auf den eigentlichen, nämlich künstlerischen Wert der Fotografie hin: Die rund 250 Motive der Ausstellung "What does the jellyfish want?" belegen ein enges Verhältnis des Mediums mit der Kunstproduktion seit den Tagen einer surrealistischen oder kubistischen Avantgarde vor knapp einem Jahrhundert. Der Bilderbogen von August Sander, Alexander Rodtschenko und Man Ray bis Jürgen Klauke oder Candida Höfer aus dem riesigen Bilderfundus des Kölner Museums ist zu sehen.

Das ländliche, arme Amerika der dreißiger Jahre

Doppelt überrascht steht der Fotoliebhaber vor einer mehrteiligen Arbeit der US-Fotografin Sherrie Levine, die 1981 klassische Motive ihres weltbedeutenden Kollegen Walker Evans aus den 1930er Jahren erneut abfotografiert hat. Die Familienbilder ärmlicher amerikanischer Landarbeiter, ihre bescheidenen Häuser in bildfüllenden Motiven nehmen kompositorisch so ziemlich alles voraus, was in der Gegenwartsbildnerei derzeit Rang und Namen hat: Nichts Neues also vor der Linse.

Zu den weiter munter sprudelnden Quellen gehört auch der Surrealist Man Ray, dessen bewusste Unschärfe und erzählerischer Ton sich auch in den kuriosen Bild-Geschichten von Anna und Johannes Blume ("Mahlzeit"/1986) wiederfinden. Auch William Eggleston setzte für seine atmosphärisch starken Motive von "Los Alamos" (1971/74) auf kühne Blickwinkel und Motiv-Anschnitte, mit denen bereits Rodtschenko und André Kertész ("Die Gabel"/1928) experimentiert haben.

Der große Menschenforscher mit der Kamera, August Sander, hat 80 Jahre später seine Entsprechung im coolen Gruppenbild einer chinesischen Familie (1996) von Thomas Struth. Andreas Gursky, ebenfalls hoch gehandelter Becher-Schüler, zeigt mit seiner monumentalen Mietskaserne aus Paris (1993) die äußeren Hüllen heutigen Lebens.

Seine betagten Lehrmeister, das Düsseldorfer Fotografenpaar Bernd und Hilla Becher, kamen für die in Köln zu sehenden Typologien von Fachwerk-Fassaden und Gasbehältern als wahrhafte Skulpturen noch ohne Computer-Bearbeitung aus. Wer mag, kann als Ahnen der Ruhrgebietslandschaften von Joachim Brohm vereiste breughelsche Dorfteiche mit Schlittschuhfahrern vor einer Autobahnbrücke oder niederländisch-barocke Fluss-Szenen mit Paddlern ausmachen.

Dauer Die Schau "What does the jellyfisch want?" (deutsch: "Was will die Qualle?") dauert bis 15. Juli.

Öffnungszeiten Di-So 10-18, jeden 1. Fr im Monat 10-22 Uhr, Tel. 0221/221-261 65

Eintritt 7,50/erm. 5,50 Euro