Internationales Design-Festival in Berlin

Berlin (dpa) - Letzte Fransen werden geschnitten, Designer stehen um eine Lampe herum und diskutieren die Lichteinstrahlung, daneben schraubt ein Künstler einen Schlauch auf einen Blechrahmen.

Dann ertönt eine Stimme durch den Lautsprecher: „Bitte finalisieren Sie die Arbeiten.“ Schnell werden noch Sägespäne zusammengekehrt, dann verwandeln sich die Hangars des Flughafens Berlin-Tempelhof wieder zur Hochburg der Design-Szene. Mehr als 500 etablierte Künstler und aufstrebende Gestalter stellen bis Sonntag Prototypen und innovative Projekte zur Schau, diskutieren, tauschen sich aus. Die neunte Auflage des größten deutschen Festivals für zeitgenössisches Produktdesign soll vor allem als Plattform dienen.

Rennautos aus Batterien, Schalen aus Mikroorganismen oder tönerne Wurstschlangen - scheinbar gibt es auf den rund 14 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche nichts, was es nicht gibt. So ist es kaum verwunderlich, was neben Designerin Miriam Aust auf einem kniehohen Tisch steht: eine gläserne, runde Vase, darin schwimmen asiatische Wasserpflanzen - und eine Glühlampe. „Wir leben zwar mit Zimmerpflanzen, aber sie stehen immer separat auf der Fensterbank in einem Blumentopf“, erklärt die Gestalterin. Deshalb sei sie auf die Idee gekommen, Möbel und Pflanzen zu verbinden, zu einer Art Metamorphose. „Das ist ein Geben und Nehmen. Die Pflanzen profitieren von der Wärme der Glühbirne.“

Mit einer Metamorphose spielt auch der Gestalter Kevin Cheung aus Hongkong. Er hat einen weißen Wasserkanister aus Plastik zur transportablen Musikanlage umgebaut. „Sie leuchtet sogar im Dunkeln und der Klang ist besonders gut“, berichtet er stolz. In der zweiten Halle nimmt eine Gruppe Schweizer Studenten das Wort „Teelicht“ wörtlich und fertigt in Werkstattatmosphäre direkt vor Ort teebeutelförmige Kerzen an. Wenige Meter entfernt stellt ein Chemiker vor, wie aus Himbeersaft Solarzellen hergestellt und die auch noch dekorativ arrangiert werden können - sein Projekt ist einer der heimlichen Stars in den Flugzeughallen.

„Es geht nicht darum, serienreife Produkte zu liefern“, erklärt Festivaldirektor Jörg Suermann. „Wir wollen keine Messe sein, sondern ein Festival. Man findet hier nicht die Möbel, die man im nächsten Jahr im Geschäft kaufen kann.“ Die Ausstellung zeige stattdessen Trends, die vielleicht in fünf Jahren am Markt ankommen. Neben der bunten Ansammlung in Berlin-Tempelhof gibt es weitere Projekte und Ideen in rund 50 Museen und Galerien in der gesamten Hauptstadt zu sehen. 27 000 Besucher zog das Programm im letzten Jahr an, für 2011 erhoffen sich die Veranstalter mehr als 30 000.

Dazu soll auch ein weiterer Höhepunkt in diesem Jahr beitragen: Die Designästhetik aus Finnland steht besonders im Fokus. Und das nicht nur, weil Helsinki 2012 Welt-Designhauptstadt sein wird. „Wir wollen mit dem Standort Berlin ganz Europa durchleuchten, auch die Länder, deren Produkte sonst unterschätzt werden“, sagt Suermann. Aber auch die Sicht auf die deutsche Hauptstadt habe sich durch den kreativen Zulauf verändert. Berlin werde jetzt auch als Ort für Design-Forschung wahrgenommen. „Vor neun Jahren galt das hier alles noch als Hinterhof-Bastelei.“