Louvre zeigt Leonardo da Vinci
Paris (dpa) - Mona Lisa bekommt Konkurrenz - nicht nur von ihrer erst vor wenigen Wochen im Madrider Prado entdeckten „Zwillingsschwester“. Auch Leonardos künstlerisches Testament „Anna selbdritt“ wurde restauriert und erstrahlt in einer Ausstellung im Louvre in neuem Glanz.
Unter dem Titel „La Sainte Anne, l'ultime chef-d'oeuvre de Léonard de Vinci“ (Anna selbdritt, Leonardo da Vincis letztes Meisterwerk) hat der Louvre mehr als 130 Werke vereint, darunter auch die neu entdeckte „Gioconda““ aus dem Prado.
Da Vinci hat rund 20 Jahre an diesem Bild gemalt, auf dem die Heilige Anna, ihre Tochter Maria und das Jesuskind abgebildet sind - Leonardos Lebenswerk, Manifest und künstlerisches Testament. „Es ist das einzige Werk, an dem da Vinci so lange gearbeitet hat. Es vereint alle seine wichtigen Motive und seine künstlerischen Recherchen. Es ist auch das einzige Werk, das dokumentiert ist“, erklärte Vincent Delieuvin, der Kurator der Ausstellung, die bis zum 25. Juni dauert.
Die Komposition gilt als da Vincis eigentliches malerisches Hauptwerk. Warum ihr „Mona Lisa“ seit Jahrhunderten den Rang abläuft? „Das lag vor allem an dem schlechten Zustand des Gemäldes, das erst 2008 restauriert wurde“, erklärte der Kurator und Louvre-Konservator für italienische Malerei. Andererseits aber auch daran, dass die „Gioconda“, wie das Porträt auf Italienisch heißt, zu einem Mysterium stilisiert wurde.
Das Lifting brachte viele Überraschungen zutage. Hinter der gelben Firnisschicht kam eine herrliche Palette an kühlen Blautönen zum Vorschein sowie eine einzigartige Lieblichkeit und Sanftheit. Zudem wurden ganze Passagen neu entdeckt sowie drei Zeichnungen auf der Rückseite, die mit bloßem Auge jedoch kaum zu sehen sind.
Für die Ausführung der Heiligen Anna, ein Motiv, das zu Lebzeiten da Vincis sehr in Mode war, hat der Künstler so viele Skizzen hinterlassen wie bei keinem anderen seiner Werke. Zum ersten Mal vereint eine Ausstellung alle vorhandenen Vorstudien und Dokumente zu diesem Bild.
Sechs Jahre hat die Vorbereitung für diese Ausstellung gedauert, die einen herrlichen Einblick in den Entstehungsprozess gibt. Da Vinci war ein Perfektionist: Er fertige zahlreiche Studien an, auch von kleinsten Details wie einer Manteldraperie, und die von seinen Assistenten nach seiner Vorlage realisierten Entwürfe überarbeitete er unermüdlich, um letztendlich wieder eine neue Komposition anzufertigen. Auf der endgültigen Version des Selbdritt-Gemäldes wird der kleine Johannes der Täufer zum Beispiel durch ein Lamm ersetzt. Da Vinci stirbt, noch bevor er das Werk vollenden konnte.
Doch die Ausstellung offenbart noch eine weitere Überraschung: Die Entdeckung der „Mona-Lisa-Zwillingsschwester“. Denn im Rahmen der Louvre-Ausstellung wurde das Bild restauriert, wobei man entdeckt hat, dass es sich nicht um eine der zahlreichen Kopien handelt, sondern um ein Porträt, dass zeitgleich zum Original entstanden ist, etwa um 1505, zu Lebzeiten da Vincis. Als Autoren kommen unter anderem seine Ateliermitarbeiter Francesco Melzi oder Salaì infrage.
Da Vinci selbst als Schöpfer schließen Fachleute aus. Den direkten Vergleich kann man in der Ausstellung leider nicht anstellen, denn das Original hat seinen Platz nicht verlassen. Aus technischen Gründen, aber auch weil der Besucherandrang zu groß geworden wäre, wie der Kurator begründete. Doch auch so ist zu erkennen, dass der „Zwillingsschwester“ die Sanftmut und vor allem das Rätselhafte des Originals fehlt.