Neue Lascaux-Replik: Spektakulär und vollständig
Paris (dpa) — Die Lascaux-Höhle wird wegen ihrer reichen Steinzeitmalerei die „Sixtinische Kapelle der Urgeschichte“ genannt. Nur sind die über 17 000 Jahre alten Kunstwerke außer für wenige Wissenschaftler schon lange nicht mehr zugänglich.
Die Grotte bei Montignac in der Dordogne wurde 1963 wegen Pilzbefalls, der durch den Atem Tausender Besucher entstanden ist, geschlossen.
Auch die vor mehr als 30 Jahren eröffnete Kopie Lascaux II, in der ein Teil der Tierdarstellungen nachgebildet ist, musste mittlerweile restauriert werden. Sie ereilte dasselbe Schicksal. Lascaux IV soll nun alle Kunstwerke besser schützen.
Rund 60 Millionen Euro hat die neue Replik gekostet, denn erstmals wird die ganze Grotte mit über 1900 Tiermalereien reproduziert. Ein gigantisches Unternehmen, denn die von den Cro-Magnon-Menschen mit natürlichen Pigmenten gemalten und gravierten Felsenbilder sind von erstaunlicher Qualität und Präzision. Selbst Pablo Picasso war begeistert. „Wir haben nichts Neues gelernt“, soll der spanische Maler nach der Besichtigung der Original-Höhle im Jahr 1940 gesagt haben. Die jungpaläolithische Grotte steht seit 1979 auf der Weltkulturerbe-Liste der Unesco.
Die Idee zur neuen Replik ist Anfang 2000 entstanden, als erste, durch die Lascaux II-Besuchermassen ausgelöste Schäden an dem Hügel festgestellt wurden, unter dem auch das Original liegt. Zudem drohte auch der 1983 eröffneten Lascaux II der Pilzbefall. Bis zu 10 Millionen Besucher wurden in den vergangenen 30 Jahren durch die Replik geschleust, in der bis zu 90 Prozent der Tierbilder nachgezeichnet sind.
„Mit dem neuen Faksimile soll der Besucherstrom besser verteilt werden“, hofft Nicolas Platon, der sich für das Departement der Dordogne um die Kulturstätte kümmert. Lascaux IV liegt rund 500 Meter vom Original und der ersten Replik entfernt. Wie die beiden Kopien von den Besuchern genutzt werden, werde die Zukunft zeigen, erklärte Platon weiter. Schließen werde man Lascaux II nicht schließen, denn sie sei die erste Replik in der Geschichte der Höhlenmalerei.
Lascaux IV ist spektakulär, auch wenn sie bislang noch eine Baustelle ist. Zu sehen ist ein riesiger Betonklotz, der zum Teil in der Erde, zum Teil an der Oberfläche liegt. Er ist zweigeteilt und gleicht einer Erdspalte. Irgendwann soll die Replik eins werden mit der Natur. Der Entwurf stammt von Snøhetta. Das preisgekrönte norwegische Architektenbüro ist bekannt für seinen Ansatz des fließenden Übergangs von Landschaft und Architektur.
Das neue Faksimile hätte schon früher eröffnet werden sollen. Doch um die Finanzierung gab es Streit. Ursprünglich hätten die Kosten zu gleichen Teilen von der Region, dem Departement und dem französischen Staat getragen werden sollen. Doch im Zuge der Budgetkürzungen zog sich die Regierung 2012 aus dem Projekt zurück. Mit 4 Millionen Euro ist der Staat nun doch dabei. Das dadurch entstandene Finanzloch stopften die Europäische Union mit 12 Millionen Euro und Privatsponsoren mit mehr als 2 Millionen Euro.
Offiziell heißt die neue Replik „Centre International de l’Art pariétal Montignac-Lascaux“, etwa Internationales Zentrum für Höhlenmalerei. Denn die Kopie bildet nicht nur naturgetreu die reich verzierten Felskammern nach. Ein Teil des 8500 Quadratmeter großen Faksimile ist der Wissenschaft der prähistorischen Kunst gewidmet und der Geschichte von Lascaux. Unter dem Titel „Lascaux III“ tourt mit diesem Ansatz seit einigen Jahren auch eine Ausstellung durch die Welt.
Über 25 Künstler arbeiten seit mehr als 3 Jahren in einem Atelier an der Reproduktion der Tierbilder. Millimetergenau gemalt und graviert wird auf Felsimitationen aus Stahl und Acrylharz, die auf einem 3-D-Modell basieren, für dessen Design Boden, Wände und Decken der Originalhöhle gescannt wurden. Die ersten Kopien der Höhlenmalereien haben in der Replik bereist ihren Platz gefunden. Alles werde so wie in der Originalhöhle sein, erklärte Platon weiter. Auch die Temperatur und die Feuchtigkeit.