Markus Lüpertz: Mit Hang zur Exzentrik in die erste Klasse
Das Duisburger Museum Küppersmühle zeigt von heute an „Kunst, die im Wege steht“ — seine erste Einzelausstellung über Markus Lüpertz.
Duisburg. Die Bezeichnung Malerfürst hört Markus Lüpertz nicht gern, im Gegenteil! Der Maler, Bildhauer, Dichter, Bühnenbildner, Musiker und ehemalige Hobby-Fußballer, der am 25. April 75 Jahre alt wird, findet sie nachgerade „widerlich“. Als Dandy sieht Lüpertz sich erst recht nicht. Allerdings ginge er, zumindest bei sehr flüchtiger oder sehr boshafter Betrachtung problemlos als einer durch — der Mann mit dem weiß gewordenen Kinnbart trägt eine sehr weite, aber maßgeschneiderte Nadelstreifenhose zu ebensolcher Krawatte, langen Mantel, Hut sowie einen Spazierstock mit Silberknauf nebst klobigem Ring aus demselben Material.
Markus Lüpertz’ „Hang zur guten Klamotte“ ist kein Selbstzweck
Neulich jedenfalls, bei einem Flug in der ersten Klasse, sei er vom fliegenden und servierenden Personal ob seines Aufzugs noch sehr gelobt worden. So eine elegante Erscheinung habe man schon lange nicht mehr in der Bel Etage des Himmels gesehen. „Als ich mich umgesehen habe, musste ich ihnen recht geben“, erzählt Lüpertz — nicht ohne sein Missfallen über solch verlotterte Zustände zu bekunden. Freilich ist Hang des Malers „zur guten Klamotte“ kein Selbstzweck: „Ich mache mich bei meiner Arbeit sehr schmutzig, da habe ich das Bedürfnis, mir anschließend was Hübsches anzuziehen.“ Lüpertz wirkt, als glaube er selbst, was er da sagt.
Zumindest öffentlich vorgetragene Selbstzweifel sind nicht unbedingt die Sache des Markus Lüpertz, der sich selbst als Maler sieht, „der auch Skulpturen macht“; der sich auch als „großartigen Dichter“ und ungeniert als „Genie“ in Sachen Musik bezeichnet — bei gelegentlichen Auftritten bedient der Meister das Klavier. Zweifel treiben ihn hingegen in seinem Atelier in Teltow an. Genauer ist es das unausweichliche Scheitern als Maler, das ihn stets weitersuchen lässt — nach dem Ideal, wie er sagt. „Es ist die permanente Unzufriedenheit, permanentes Scheitern, das das nächste Bild gebiert. Eins entsteht aus dem anderen.“ Seit dem Beginn seines Weges an der Werkkunstschule in Krefeld haben Zweifel und Unzufriedenheit in gut fünf Jahrzehnten einiges an großartigen und großformatigen Werken hervorgebracht.
80 Arbeiten aus fünf Jahrzehnten sind in der Küppersmühle zu sehen
Rund 80 der Arbeiten aus allen Schaffensphasen Lüpertz’ werden von Freitag an bis zum 22. Mai im Duisburger Museum Küppersmühle (MKM) ausgestellt. Viele von ihnen hat der Künstler selbst seit Jahren nicht mehr zu Gesicht bekommen. „Mit klopfendem Herzen“ sei er deshalb am Donnerstag nach Duisburg gereist.
Unnötige Aufregung, kennt man sich doch seit Jahren. Das MKM zeigt neben vier jährlichen Wechselausstellungen schwerpunktmäßig die Schlüsselwerke der Sammlung Ströher. Sie umfasst einer der umfangreichsten privaten Sammlungen deutscher Nachkriegskunst und besitzt nach eigenem Bekunden den weltweit größten Bestand an Lüpertz-Werken. Viele sind nach Jahrzehnten erstmals wieder öffentlich zu sehen. „Kunst, die im Wege steht“ heißt die von Götz Adriani (75) kuratierte Schau — so wie eine der ersten Berliner Einzelausstellungen von Lüpertz im Jahr 1966.
Nun steht die Kunst in Duisburg im Wege — in Form großartiger Skulpturen wie der grobschlächtig und plump wirkenden Bronze „Prometheus“ aus dem Jahr 1989. Der mythologische Kulturbringer der Menschheit hat in dieser Interpretation rein gar nichts mehr mit dem Idealbild der griechischen Antike zu schaffen. Viel eher drängt sich dem Betrachter eben jene zweifelnde Zerbrechlichkeit auf, die Lüpertz für sich reklamiert.
Lüpertz früher „Westwall“ findet seinen großformatigen Gegenpart
Wo Kunst (im Wege) hängt, statt zu stehen, imponiert sie durch schiere Größe. Lüpertz’ trotziges Frühwerk „Westwall“ — ein fünfteiliges, mehr als zwölf Meter langes Bild (1968) — findet sein Gegenpart in dem erstmals ausgestellten Bild „Gegen Abend besetzen Störche Lüpolis“ von 1977. Ein wuchtiges, 20-teiliges Werk, das sich trotz nahezu serieller Anmutung wie ein überdimensioniertes Altarbild an einer kompletten Wand breitmacht. Auf 33 Teile sehr unterschiedlicher Größe bringt es gar Lüpertz’ „Dädalus“-Zyklus — im Jahr 2002 entstanden.