Schweizer Maler Hans Erni mit 106 Jahren gestorben
Luzern (dpa) - Der Schweizer Maler und Grafiker Hans Erni ist im Alter von 106 Jahren gestorben. Er gehörte zu den beliebtesten Malern der Alpenrepublik und hatte Künstler wie Pablo Picasso, Albert Einstein und Käthe Kollwitz noch persönlich gekannt.
Erni war einer der ältesten noch aktiven Künstler der Welt - wenn nicht gar der älteste. Er starb am Samstag in einer Klinik seiner Heimatstadt Luzern, wie seine Familie am Sonntag mitteilte.
Noch mit weit über 100 Jahren hatte der am 21. Februar 1909 geborene Künstler fast täglich in seinem Atelier gearbeitet. Er hinterlässt ein umfangreiches Werk mit Lithographien, Buchillustrationen, mehr als 300 Plakaten und mehrere Wandbildern - darunter für die Vereinten Nationen und das Schweizerische Rote Kreuz - sowie Reliefs, Mosaiken und Plastiken.
Im Gegensatz zu seiner großen Popularität standen lange Zeit abschätzige Kommentare von Kunstkritikern. Sie wollten Erni, der sich 1932 in Paris der Gruppe „Abstraction Creation“ anschloss und in der Schweiz in den 40er Jahren als kommunistischer Staatsfeind galt, die Wandlung vom „enfant terrible“ zum Liebling des Bürgertums nicht verzeihen.
Oft wurde ihm vorgeworfen, dass er seinen surrealistischen Anfängen den Rücken gekehrt habe, um ein gefälliger Kunstmaler zu werden, der bewusst den Massengeschmack bediene. Seine als Auftragswerke schweizerischer Großunternehmen in den 50er Jahren entstandenen monumentalen Wandbilder trugen zu diesem Eindruck bei.
Zahlreichen Verehrer und Sammler rissen sich um Werke Ernis und zahlten hohe Preise. Das half ihm sicher dabei, Schmähungen gelassen zu ignorieren: „Ich habe gegen unfaire Kritik noch nie öffentlich protestiert, das vergrabe ich in mir“, sagte er.
Der Künstler habe die Ansprüche erfüllt, die ein breites Publikum an die Kunst stelle, erklärte der heutige Direktor des Zentrums Paul Klee Bern, Peter Fischer, als er 2009 zu Ernis 100. Geburtstag im Kunstmuseum Luzern eine große Hans-Erni-Ausstellung kuratierte.
Erni sei als Künstler eine Ausnahmeerscheinung gewesen, heißt es im Nachruf der Schweizer Nachrichtenagentur SDA: „Das breite Publikum liebte ihn als humanistischen Künstler mit virtuos-schönen Werken, die Kunstszene und vorübergehend auch die offizielle Schweiz schnitten ihn.“
Angesichts der Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg hatte sich der Schweizer dem Marxismus zugewandt. Der Weltfriede lasse sich nur durch soziale Gerechtigkeit und dieser nur durch den Kommunismus erreichen, lautete sein Credo.
Wegen dieser Überzeugungen war Erni einige Zeit lang als „Landesverräter“ gebrandmarkt worden. So wurde ein Auftrag, Schweizer Banknoten zu gestalten, in den 40er Jahren aus politischen Gründen storniert. Unter dem Eindruck von Stalins Schreckensherrschaft und der Diktatur in kommunistischen Ländern wandte sich Erni später vom Marxismus ab. Seinem humanistischen Engagement - etwa für das Frauenstimmrecht und den Schutz der Natur und gegen Atomwaffen - blieb er jedoch treu.